Die Liebe gilt als „höchste Macht“ unter dem Himmel und doch wird der stressige Alltag oft zur Belastungsprobe für die Gefühle zweier Menschen. Eine Depression mit all ihren Auswirkungen auf das tägliche Leben wird dann umso mehr zur Herausforderung für die Partnerschaft, manchmal sogar zu ihrem Ende. Doch das muss nicht sein. Der Schlüssel liegt in Vertrauen, Offenheit und Toleranz.

Warum Depression und Liebe kein Widerspruch sein müssen

Unbestritten beeinflusst eine psychische Erkrankung jede zwischenmenschliche Beziehung. Der Partner eines Menschen mit Depressionen ist dabei ebenso von der Erkrankung belastet wie der Betroffene selbst. Offenheit und Ehrlichkeit sind in Beziehungen immer gefordert, doch ganz besonders, wenn eine Belastung gemeistert werden möchte. Irrtümer und Missverständnisse sollten offen und geduldig geklärt werden. Denn eine Partnerschaft auf solidem Fundament und Rückhalt im sozialen Umfeld sind unschätzbar wertvoll, wenn es zum länger andauernden Krankheitsfall kommt. Sie geben Stabilität und zugleich Raum für Rückzug. Sich diese positiven Aspekte der Partnerschaft zu erhalten, bedeutet freilich Arbeit und erfordert beiderseitiges Verständnis füreinander.

Ein Problem dabei: Depressionen und andere psychische Erkrankungen gehen noch immer mit vielen Vorurteilen einher. Der Umstand, dass ein Mensch Depressionen hat und phasenweise seine Lebensfreude nicht spürt, heißt nicht, dass er oder sie gar nicht fühlen kann. Im Gegenteil. Menschen mit Depressionen lieben mitunter sehr intensiv und leiden somit stark unter Wut auf sich selbst, dem Gefühl der Unzulänglichkeit, aber auch unter Liebeskummer nach Streitigkeiten. Ebenso können verstärkt Selbstvorwürfe und Schuldgedanken auftreten. Oft ist es jedoch gerade die Zuneigung zu einem anderen Menschen, welche die Kraft gibt, sich aus der Erkrankung heraus zu bewegen und den Weg zur Genesung einzuschlagen.

Dem Partner helfen – eigene Grenzen wahren

Damit die Partnerschaft auch der Belastung einer Depression standhält, sollten das Verständnis des Partners für die Erkrankung, gegenseitige Ehrlichkeit, Echtheit und Rücksichtnahme tägliche Begleiter sein. Angehörige müssen oft viel Geduld aufbringen, doch sollten sich stets vor Augen halten, dass die Depression eine echte Krankheit ist, für die der Partner nichts kann und die unter entsprechend richtiger Behandlung vorübergeht. Die Rücksichtnahme auf ehrlich geäußerte Befindlichkeiten (auf beiden Seiten) sollte jedoch nicht unbedingt in eine Überfürsorge münden. Wer sich permanent physisch und emotional verausgabt, läuft Gefahr selbst zu erkranken (auch Co-Depression genannt).

Und dieses Risiko ist hoch: Schwer depressive Personen können oft kleinste Aufgaben im Haushalt nicht mehr übernehmen, geschweige denn größerer Verantwortung wie der Kinderbetreuung nachkommen. Sie benötigen eher selbst Begleitung zu Terminen und Unterstützung im Tagesablauf. Für Ehefrau, Ehemann und Lebensgefährten kann das ein enorme Belastung sein.

Auch der Erkrankte sollte daher, wann immer möglich, Rücksicht auf seinen gesunden Partner nehmen. In dieser Situation ein ‚guter‘ Partner zu sein, heißt indes nicht, alles stillschweigend hinzunehmen. Dennoch lässt sich Unzufriedenheit von beiden Seiten optimalerweise mit sorgfältig gewählten Worten in Ich-Botschaften erläutern, ohne dass dabei jemand angegriffen wird. Dies gilt nicht nur für die Herausforderungen im Alltag, sondern auch und insbesondere im Bereich der Sexualität.

Wie Körper und Emotionen unter der Depression leiden

Depressionen, aber auch Medikamente gegen die Depression, können sich in einer verringerten Libido oder Potenzproblemen äußern. Dafür kann niemand etwas, Vorwürfe bringen hier nicht weiter. Es ist allzu verständlich, wenn der gesunde Partner sich dadurch weniger begehrt oder zurückgewiesen fühlt. Jede Empfindung hat ihre Daseinsberechtigung. Im besten Falle üben sich dennoch beide als Paar in Verständnis und finden Möglichkeiten, sich in ihrer Liebe dennoch nahe zu sein / zu kommen.

Besonders schwierig wird es für die Beziehung allerdings, wenn bei der der erkrankten Person darüber hinaus eine emotionale Leere eintritt und selbst für geliebte Personen des Umfeldes kaum noch etwas empfunden werden kann. Dies gehört jedoch zu den akuten Symptomen einer Depression und ist eben kein Ausdruck partnerschaftlicher Probleme. Wir raten unseren Patienten in solchen Fällen meist davon ab, in Akutphasen einer Depression so weitreichende Entscheidungen wie die zu einer Trennung zu treffen. Ebenso sollte der unerkrankte Partner nicht automatisch die Beziehungsfähigkeit der depressiven Person oder aber die Qualität der gemeinsamen Beziehung in Frage stellen.

Kliniken wie die Schlossparkklinik Dirmstein bieten daher auch Angehörigen- und Paargespräche an. Es ist durchaus lohnend, sich dahingehend bei der therapeutischen Einrichtung des betroffenen Partners zu erkundigen. Dem gesunden Partner können solche Gespräche dabei helfen, sich regelmäßig seine eigenen Bedürfnisse vor Augen zu führen und dazu ermutigen, sich unabhängig vom Akutzustand des Erkrankten um ein gesundes Sozialleben zu kümmern. Fühlen sich Angehörige zunehmend überlastet und laufen Gefahr selbst zu erkranken, besteht hier eine schnelle Möglichkeit, dies zu erkennen und entsprechend einzugreifen. Auch Selbsthilfegruppen oder Betroffenenverbände wie die Deutsche Depressionsliga können zudem Anlaufstellen für Erkrankte und deren Lebensgefährten sein.

Dieser Artikel erschien erstmals am 06. Juli 2020 und wurde überarbeitet.