Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und doch werden sie in ihren unmittelbaren und längerfristigen Auswirkungen noch immer von Betroffenen und deren Umfeld unterschätzt. Im schlimmsten Fall können unbehandelte Depressionen bis in den Suizid führen. Zurück bleiben Angehörige mit Gefühlen von Verzweiflung und Schuld darüber, das Ausmaß der Krankheit nicht erkannt zu haben – dabei ist gerade das sehr schwer. Denn die Anzeichen einer Depression sind vielfältig. Lesen Sie hier, wie Sie Depressionen erkennen.

Bin ich depressiv? Hat mein Mann Depressionen? Häufig lassen sich diese Fragen nur schwer beantworten, selbst wenn man die vermeintlich klassischen Symptome einer Depression kennt. Grund dafür sind die vielen Erscheinungsbilder der Erkrankung, deren Auswirkungen der Betroffene oft verdeckt. Das ist ein Problem: Denn je länger die Krankheit unerkannt und infolgedessen unbehandelt bleibt, desto ungünstiger wird die Prognose (seelisch, körperlich und sozial). Gerade daher ist es wichtig für Sie zu wissen, wie Sie die Anzeichen der Depression erkennen.

Die vielen Gesichter der Depression

Das Verhalten einer Person mit einer Major Depression (= schwere depressive Episode über mehr als zwei Wochen) kann unterschiedliche Symptome aufweisen. Noch immer herrscht die Meinung vor (was zu einem nicht unerheblichen Teil richtig ist), Menschen mit Depressionen seien immer traurig und antriebslos, zögen sich zurück und grübelten den ganzen Tag. Dies kann tatsächlich der Fall sein – doch weist die Erkrankung, auch abhängig von ihrer Ausprägung, andere mögliche Symptome auf. Eine Depression entsteht zudem nur selten über Nacht und lässt sich nicht wie ein Hautausschlag oder eine Verletzung von außen erkennen.

Viele Betroffene entwickeln ihre Krankheit schleichend und neigen im Konstrukt von Leistungsdruck im Arbeitsumfeld und gesellschaftlichen Anforderungen dazu, die Symptome der Depression lange Zeit zu verstecken und sich „zusammen zu reißen“. Sie bewältigen weiterhin ihren Alltag, gehen arbeiten, lachen mit anderen und scheinen sich durch nichts von einem gesunden Menschen zu unterscheiden – bis zu dem Tag, an dem die Depression die Oberhand gewinnt und häufig erst ein mentaler Zusammenbruch die Wahrheit über die Gesamtsituation offenbart.

Anzeichen einer Depression sind vielfältig

Wie Angehörige und Betroffene Anzeichen der Depression erkennen

Statt Traurigkeit steht oft ein reduziertes Gefühlsempfinden bis hin zu völliger Gefühllosigkeit im Mittelpunkt der Depression. Alle auftretenden Gefühle – von der Traurigkeit über die Wut bis hin zur Freude – wirken wie eingetrübt und abgeflacht. Sie werden von Betroffenen oft wie „mit einem Schleier bedeckt“ oder „aus großer Distanz gesehen“ wahrgenommen.

Gedämpfte Stimmung, Antriebsschwäche und Teilnahmslosigkeit

Die gedämpften Gefühle zeigen sich nach außen wie eine gedrückte Stimmung, die jedoch nicht als „schlechte Laune“ auftritt. Viel mehr zeigt der Betroffene eine Teilnahmslosigkeit, die mit Antriebsschwäche und Unlust auf Schönes (Anhedonie) einhergeht. Selbst einfache Alltagstätigkeiten fallen oft schwer, da sich der Mensch mit der Depression nicht mehr selbst motivieren kann. Doch auch Aspekte, die zuvor Freude bereitet haben, machen den Betroffenen keinen Spaß mehr. Hobbys werden vernachlässigt und auch von sozialen Aktivitäten ziehen sich Menschen mit Depressionen gerne zurück.

Sozialer Rückzug

Die Teilnahmslosigkeit und die Antriebsschwäche führen im Verbund mit dem Bestreben, die Depressionen und ihre Symptome nicht nach außen dringen zu lassen, zu einem kräftezehrenden Lebenswandel. Der Wunsch den Schein zu wahren, kostet bereits bei verpflichtenden Aspekten des Lebensalltags (Arbeitsplatz, enger Familienkreis) so viel Energie, dass Betroffene sich wann immer möglich, in ein sicheres Umfeld zurückziehen. Meist ist es das Zuhause, wo Menschen mit Depressionen sich hinwenden, um sich von der Anstrengung der Verstellung zu erholen. Dabei reduziert sich die Teilnahme an sozialen Aktivitäten ebenso wie der Kontakt zu Freunden, die der Betroffene nicht mit seinen oft unerklärbaren Stimmungsproblemen nicht belasten möchte.

Verhaltensänderungen in Essen, Schlafen und Selbstfürsorge

Die stete Wachsamkeit, die Depression zu verbergen, kostet nicht nur Energie, sondern verzerrt auch häufig das Verhalten. Das Ess- und das Schlafverhalten als essentielle Elemente für einen gesunden Alltag werden dabei je nach Naturell vernachlässigt oder sind exzessiv präsent. Manche Betroffene reagieren mit übermäßigem Essen, nehmen zu und „fressen die Depression in sich hinein“, während andere den Appetit nahezu vollständig verlieren und gravierend an Gewicht verlieren.

Ebenso verhält es sich mit dem Schlaf: Das Einschlafen wird mitunter durch Grübeleien gestört, das Durchschlafen durch das „Unterbewusstsein“, das Probleme wälzt, unmöglich. Andere Menschen mit Depressionen zeigen hingegen ein übermäßiges Schlafbedürfnis, da der Schlaf keine ausreichende Erholung zu bringen scheint. Ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus ist die gefährliche Folge, wenn das veränderte Schlafverhalten zur Regel wird. Nicht zuletzt gilt auch die Vernachlässigung der Körperpflege als ein Anzeichen für eine mögliche Depression.

Körperliche Beschwerden und sexuelle Unlust

Die Stimmung wird zudem vom Hormonhaushalt (wichtig: Differenzierung bzw. Feststellung von Wechseljahresbeschwerden) geprägt und kann im Fall einer Depression auch selbst Ungleichgewichte im Hormonhaushalt herbeiführen. So können im Rahmen einer depressiven Erkrankung körperliche Beschwerden verschiedener Art auftreten. Als typisch gelten Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden (gestörte Darm-Hirn-Achse durch Veränderung von Darmkeimen, sog. Mikrobiomstörung) und Herz-Kreislauf-Probleme, aber auch Rücken- und Nackenschmerzen.

Hinzu kommen Probleme mit der Konzentration, die durch die stete Anspannung in der Verstellung nach außen ebenso gefördert werden wie durch das Grübeln, das die Gedanken vom Wesentlichen abschweifen lässt. Auch die Sexualität wird durch die Depression häufig beeinträchtigt, da die gedämpfte Stimmung kaum Leidenschaft aufkommen lässt und zusätzlich Hormonungleichgewichte die Libido einschränken.

Gereiztheit und Aggressionen mit und durch die Depression

Während die meisten Gefühle bei Betroffenen eher dumpf und geschwächt empfunden werden, können sich Gereiztheit und Aggressionen intensiv nach außen entladen. Die meist negativen bzw. destruktiven Gedankengänge spiegeln sich dann in aggressivem Verhalten wider, während der Frust über die Depression und/oder deren Symptome (körperliche Beschwerden, Energielosigkeit, Unlust) die Aggression weiter anfachen.

Suizidabsichten in Worten und (vorbereitenden) Taten

Nur in seltenen Fällen geschieht ein Suizidversuch ohne vorangehende Anzeichen. Das muss nicht immer die konkrete Ankündigung von suizidalen Taten sein. Doch genau diese Ankündigungen werden in der Gesellschaft oft nicht ernst bzw. ausreichend wahrgenommen. Nach dem Motto „Wer drüber spricht, macht es nicht!“ empfinden viele Menschen solche Ankündigungen als Wunsch nach Aufmerksamkeit. Tatsächlich jedoch sprechen 8 von 10 Menschen vor einem Suizidversuch entsprechende Ankündigungen aus.

Achten Sie bei Menschen, bei denen Sie von Depressionen wissen oder solche vermuten daher vor allem auf Aussagen wie:

  • „Ich kann das alles nicht mehr!“
  • „Mein Leben hat keinen Sinn!“
  • „Ohne mich ginge es euch besser!“
  • „Bald kann es mir egal sein!“

Ebenfalls auffällig ist die plötzliche Regelung persönlicher Angelegenheiten wie das Verschenken von Wertgegenständen, die Klärung von Nachlassangelegenheiten oder der Abschied von Freunden und Familienmitgliedern.

Was tun beim Verdacht auf Suizidgefahr bei Depressionen?

Bei Depressionen mit Suizidgedanken rufen Sie bitte einen Arzt an

Fragen Sie den Betroffenen offen unter vier Augen nach dem Sinn hinter der Äußerung und bieten Sie Hilfestellung bei der Suche nach professioneller Unterstützung gegen die Depression an.

Stehen konkrete Suizidabsichten im Raum, rufen Sie im Zweifelsfall den Notruf unter der Telefonnummer 112, kontaktieren Sie den Hausarzt, eine psychiatrische Klinik oder den psychosozialen Dienst Ihrer Stadt.

Bedenken Sie: Egal wie aussichtslos eine Situation dem Betroffenen von Depressionen oder Ihnen als Angehörigen erscheint: Depressionen sind in professioneller Begleitung gut zu behandeln.

Haben Sie weiterführende Fragen zu Depressionen und psychischen Erkrankungen, steht Ihnen auch unser Team in der Schlossparkklinik Dirmstein gerne zur Seite.