Es war ein Paukenschlag, als sich die amerikanische Turnerin Simone Biles im ersten Wettbewerb der Olympischen Spiele dazu entschied, aus dem Team auszuscheiden. In der Begründung bekannte sich die Sportlerin zu mentalen Problemen durch den hohen Leistungsdruck, der sich negativ auf ihre psychische Gesundheit auswirke. Ist Simone Biles damit nur ein Einzelfall oder eine von vielen im Leistungssport?

  • Das permanente Überschreiten körperlicher Grenzen, hoher Leistungsdruck im Wettbewerb sowie Sponsorenerwartungen setzen der Psyche von Leistungssportlerinnen und -sportlern stark zu.
  • Neue Spezialgebiete der Psychologie beschäftigen sich mit mentaler Stärkung für höhere Leistungen, aber auch mit der Prävention psychischer Erkrankungen infolge des Leistungsdrucks.
  • Im Spitzensport wie im Job sind ein Ausgleich in der Freizeit und die Wahrung eigener Grenzen wichtig.
  • Sport-Stars wie Simone Biles, Michael Phelps und Serena Williams dienen dafür als prominente Beispiele.

Mentale Gesundheit im Sport – Risikofaktor Leistungsdruck

Der Blick auf den Profisport ist aus Laiensicht vor allem mit dem Ergebnis verbunden: Erfolg und Ruhm sind erstrebenswerte Erlebnisse. Doch die harte Arbeit im Vorfeld bleibt meist ungesehen. Die große Leidenschaft für den Sport und der Wunsch, sich stetig selbst zu verbessern, gehen mit einem immensen Trainingspensum einher, das wenig Zeit für ein Privatleben lässt. Glamour? Fehlanzeige. Dennoch dienen Leistungssportlerinnen und Leistungssportler als Vorbild und bieten Identifikationspotential für erfolgsorientierte Menschen, die ebenfalls die Herausforderung suchen und stetig über sich selbst hinauswachsen wollen.

Die mentale Belastung wird im Sport jedoch oft von Außenstehenden unterschätzt. Nicht umsonst stehen den Sportlerinnen und Sportlern bei ihren täglichen Trainingseinheiten neben medizinischem Personal und Physiotherapeuten auch psychologisch ausgebildete Fachkräfte zur Seite. Denn wo große Sponsorenverträge winken, erhalten nur die Besten die entsprechende Aufmerksamkeit. Lange Jahre der Disziplin und der Einschränkung persönlicher Bedürfnisse sorgen hingegen bei vielen anhaltend für Belastungen, denen auch der „stärkste“ Geist nicht immer entkommt. Simone Biles besaß das Selbstbewusstsein, sich dem Leistungsdruck zu Lasten der eigenen Gesundheit nicht mehr zu beugen. Stattdessen bewies sie Achtsamkeit für Ihre Bedürfnisse und machte den Platz für ihre Team-Kolleginnen frei, um laut eigener Aussage „deren Chancen auf gute Bewertungen“ nicht zu gefährden.

Gerade mit dem Mannschaftssport ist das oft so eine Krux. Die augenscheinlich entlastende Verteilung des Leistungsdrucks auf mehrere Schultern kann sogar für zusätzliche Belastung sorgen. Denn im Team tragen die Sportlerinnen und Sportler nicht nur Verantwortung für ihren eigenen Erfolg, sondern den der ganzen Gruppe. Die Teammitglieder verlassen sich aufeinander. Das kreiert ein Dilemma für die oder den Einzelnen: Sowohl mit einer schwächeren Leistung, z.B. aufgrund der mentalen Belastung, als auch mit einem Ausstieg aus dem Wettbewerb lässt die Sportlerin bzw. der Sportler die eigene Mannschaft vermeintlich im Stich. Umso mehr, wenn es sich um das „Zugpferd“ des Kaders handelt. Gleichwohl dürfte die Angst mitschwingen, bei einem Bekenntnis zu psychischen Schwierigkeiten einfach ausgetauscht zu werden.

Sportpsychiatrie und Sportpsychotherapie als neue Spezialgebiete

Sowohl die Sportpsychiatrie als auch die Sportpsychotherapie sind recht neue Spezialisierung innerhalb der Psychiatrie. Sie entwickelten sich durch das Bedürfnis im Spitzensport, nicht nur die Leistungssteigerung, sondern auch das Wohlbefinden und die mentale Gesundheit im Blick zu behalten. Im Gegensatz zur Sportpsychologie, die sich hauptsächlich auf die mentale Stärkung und eine damit erhoffte Steigerung der Leistungsfähigkeit von Sporttreibenden konzentriert, zielt die Sportpsychiatrie auf die Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen ab. So soll verhindert werden, dass eine Depression den Sportler aus der Bahn wirft oder ein Burnout vielversprechende Karrieren beendet.

Das Potenzial für psychische Erkrankungen ist bei Sportlern sehr groß. Zwar gilt Bewegung grundlegend als hilfreich gegen die Entwicklung von Depressionen und Co. und wird aus diesem Grund z.B. auch in der Schlossparkklinik Dirmstein in die therapeutische Behandlung integriert, doch wie in allen Lebensbereichen ist auch hier das richtige Maß entscheidend. Zu Leistungsorientierung und Wettbewerbsdruck gesellen sich im Spitzensport zudem etwaige Erwartungen von Vertragspartnern und die permanente Bewertung durch das Umfeld. Die daraus resultierende stete Bemühung, eigene Leistungsgrenzen auszureizen, fördern Überforderung und psychischen Stress. Dies verstärkt sich durch eng getaktete Trainingszeiten, die oft nicht genügend Pausen für die Regeneration bereit halten.

Psychische Erkrankungen und mentale Belastung: Simone Biles ist kein Einzelfall

Simone Biles kann als mutige und selbstbewusste Frau gelten, die gerade wegen ihrer aktiven Aufgabe des Wettbewerbes als Vorbild dient. Das überwältigende mediale Echo zeugt davon, wie hoch der Diskussionsbedarf zu diesem Thema war. Immer wieder berichten prominente Sportler von psychischen Problemen, die eine Veränderung des Lebensstils und eine Abkehr vom Profisport erfordern. Als Beispiele sind etwa der Schwimmer Michael Phelps zu nennen, der seine Depression bewusst öffentlich machte, Fußballstar Sebastian Deisler, der seine Karriere der Gesundheit zuliebe beendete, oder etwa die US-Skirennfahrerin Lindsay Vonn und Tennis-Weltstar Serena Williams.

Wie wichtig die Prävention bei psychischen Erkrankungen auch für scheinbar erfolgsverwöhnte Sportler ist, wird auch durch den Tod von Robert Enke deutlich. Trotz Hilfestellung von Familie und Kollegen verlor er den Kampf gegen die Depression und rückte durch sein Ableben die tückische Erkrankung in den Fokus der Medien. Zu seinem Gedenken und dem seiner Tochter Lara, die im Alter von zwei Jahren an einem angeborenen Herzfehler starb, wurde die Robert-Enke-Stiftung ins Leben gerufen. Die Stiftung widmet sich der Öffentlichkeitsarbeit und Hilfestellung zu der Krankheit Depression und unterstützt zugleich Kindern mit Herzkrankheiten sowie deren Eltern.

Warum es eine Stärke ist, eigene Grenzen zu achten

Depressionen und Burnout sind Erkrankungen, die sehr oft mit Leistungsdruck und dem Überschreiten der eigenen Grenzen einhergehen. Wenngleich beides in gewissen Maßen förderlich für das persönliche Wachstum und Leistungsvermögen sein kann, bedarf es stets einem angemessenen Ausgleich, damit krankhafte Verhaltensmuster nicht in eine chronische Erkrankung münden. Das gilt für Personen des Leistungssports ebenso wie für Hochperformer im Job! So können Sportlerinnen und Sportler, die offen über psychische Beschwerden sprechen, dabei helfen, den Mythos des fast schon übermenschliche Leistungen erbringenden Heldens zu dekonstruieren. Damit werden Sie nicht nur in Sachen Leistung, sondern auch in Selbstfürsorge zum Vorbild. 

Erkennen Sie bei sich selbst oder Menschen in Ihrem Umfeld Auffälligkeiten wie gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit und Wesensveränderungen, sprechen Sie mit einer Ärztin bzw. einem Arzt über mögliche Anzeichen für eine Depression. Auch unser Selbsttest kann Ihnen einen ersten Anhaltspunkt dafür geben. Depressionen sind heute gut behandelbar, wenn frühzeitige Hilfestellung durch Fachärzte und Therapeuten in Anspruch genommen wird. Besonders im Akutfall kann eine Einrichtung wie die Schlossparkklinik Dirmstein für Sie eine sinnvolle Option darstellen.