Bei Angst und Depression soll GABA ein angegriffenes Nervenkostüm stärken und zu innerer Ruhe verhelfen. Entsprechende Nahrungsergänzungsmittel gelten als große Hoffnung für Gestresste und Vielbeschäftigte. Doch lassen sich die Wirkungen auch wissenschaftlich belegen? Wir haben uns die Datenlage hinter Werbebotschaften und persönlichen Erfahrungen angesehen.

Was ist GABA überhaupt?

GABA ist die Abkürzung für Gamma-Aminobuttersäure. Es handelt sich um einen sogenannten Neurotransmitter, also einen chemischen Botenstoff, der für die Kommunikation zwischen Nervenzellen wichtig ist.

Welche Wirkung hat GABA im Gehirn?

GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im Gehirn von Menschen und anderen Säugetieren. Man kann sich das so vorstellen: Wenn GABA an eine Nervenzelle bindet, dann kann diese vorübergehend keine Impulse weiterleiten oder empfangen. GABA hat auch einen Gegenspieler, und zwar den Neurotransmitter Glutamat. Dieser wirkt erregend, fördert also die Weitergabe von Nervenimpulsen. Damit der Datenstrom in unserem Gehirn in geregelten Bahnen verläuft, müssen GABA und Glutamat in einem genau austarierten Gleichgewicht stehen.

GABA-Mangel: Welche Symptome treten auf?

Ohne GABA Depression? So einfach ist das nicht!

Hemmende Neurotransmitter sind für unseren Körper lebenswichtig: Gibt es zu wenig davon, dann beginnen Nervenzellen im Gehirn unkontrolliert zu feuern. Eine mögliche Folge sind Krampfanfälle. Kurzfristig kann ein GABA-Mangel somit Symptome einer Epilepsie hervorrufen.

Noch verheerender wirken Gifte, die den Neurotransmitter gezielt hemmen, sogenannte GABA-Antagonisten. Sie können je nach Dosis sogar zum Tod führen, weil Atmung und andere wichtige Körperfunktionen entgleisen.

Was hat GABA mit Depressionen und Angst zu tun?

Häufig liest man, dass ein GABA-Mangel für Symptome wie Angst, Depression oder Schlafstörungen verantwortlich sein soll. Zum Teil stimmt das: Ein verminderter GABA-Spiegel ist bei verschiedenen psychischen Erkrankungen nachgewiesen worden, so etwa bei Depressionen, Angststörungen oder bei der posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD).

Es liegt aber nicht nur an einem GABA-Mangel, wenn Symptome wie Antriebslosigkeit, Panikattacken oder Schwermut auftreten. Die Situation ist etwas komplizierter: Auch der Plasmaspiegel anderer Botenstoffe wie Glutamat, Dopamin oder Serotonin kann erhöht oder erniedrigt sein. Offenbar gerät der Neurotransmitter-Haushalt bei Angst oder Depression als Ganzes aus dem Gleichgewicht.

Was kann man gegen Symptome von GABA-Mangel tun?

In der Medizin kennt man eine Reihe von Medikamenten, die Einfluss auf den GABA-Spiegel nehmen. Ein Beispiel sind bestimmte Epilepsie-Medikamente: Sie aktivieren Enzyme (Eiweißstoffe), die an der Produktion des Botenstoffes beteiligt sind. Dadurch steigt der GABA-Spiegel im Gehirn, was Krampfanfällen vorbeugt. Auch bestimmte Beruhigungs- und Schlafmittel haben den Botenstoff im Visier: Medikamente wie Valium docken an der Bindungsstelle für GABA an und verändern sie so, dass der Neurotransmitter besser wirken kann.

Positive Erfahrungen mit GABA machen viele, aber warum?

Doch warum geht man bei Medikamenten den indirekten Weg über Enzyme oder Bindungsstellen? Warum gibt man Patienten nicht einfach GABA selbst? Das hat einen wichtigen Grund: Unser Gehirn ist durch die sogenannte Blut-Gehirn-Schranke recht gut vor Eindringlingen geschützt. Und GABA kann die Blut-Gehirn-Schranke nicht passieren – oder zumindest nicht in ausreichender Menge, um in unserem Gehirn eine Wirkung zu erzielen. Deshalb kann man einen GABA-Mangel und Symptome wie Krampfanfälle nur über Umwege behandeln.

Wie sinnvoll ist GABA als Nahrungsergänzungsmittel?

GABA ist eins von vielen Nahrungsergänzungsmitteln, zeigt als Kapsel oder Pille aber keine Wirkung
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Genau hier liegt auch das Problem mit den frei verkäuflichen Pillen: Nimmt man den Botenstoff in Tablettenform ein, dann gelangt er nicht an den Ort, an dem er gegen mögliche GABA-Mangel-Symptome wirken soll.

Nun gibt es zwar eine Handvoll Studien, die angeblich positive Erfahrungen mit GABA bei Angst oder Stress belegen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat diese Studien genauer unter die Lupe genommen. Dabei fiel auf: Stets hatte einer der Studienautoren Verbindungen zu einem Unternehmen, das Nahrungsergänzungsmittel produziert. Das muss nicht immer etwas über die Güte solcher Untersuchungen aussagen; irgendwie müssen diese schließlich finanziert werden. Nichtsdestoweniger sollten deren Ergebnisse mit einer gewissen Vorsicht genossen werden.

Wie lassen sich positive Erfahrungen mit GABA erklären?

Nahrungsergänzungsmittel sind keine Medikamente und der Hersteller darf keine heilende Wirkung versprechen. Trotzdem berichten im Internet zahlreiche Nutzer von positiven Erfahrungen mit GABA, etwa bei Schlafstörungen oder depressiven Verstimmungen.

Wie sind diese positiven Erfahrungen zu erklären? Zwei mögliche Gründe sind denkbar: Erstens könnte es sich natürlich um einen reinen Placebo-Effekt handeln. Wer fest daran glaubt, dass die Pillen helfen, wird auch eine entspannende oder angstlösende Wirkung bemerken.

Eine zweite mögliche Erklärung haben Forscher, die sich mit unserem Darm beschäftigen, kürzlich ins Spiel gebracht: Wir haben nicht nur im Gehirn, sondern auch im Darm GABA-Rezeptoren. Darm und Gehirn sind über den Vagusnerv eng miteinander verbunden und tauschen Informationen aus. Möglicherweise wirken GABA-Präparate auf die Psyche, auch ohne dass sie ins Gehirn gelangen – einfach indem sie im Darm an die entsprechenden Rezeptoren andocken. Noch ist das aber reine Spekulation, wissenschaftlich belegt ist ein solcher Zusammenhang nicht.

Wie hilft GABA gegen Angst?

Eines steht fest: Nahrungsergänzungsmittel mit GABA sind teuer, ihre Wirkung ist fragwürdig. Darüber hinaus können vermeintliche GABA-Mangel-Symptome viele andere Ursachen haben: seien es körperliche Erkrankungen oder einfach ein zu hohes Arbeitspensum. Besser wenden Sie sich bei psychischen Beschwerden oder Schlafstörungen daher an einen Arzt, anstatt auf gut Glück frei verkäufliche Pillen zu schlucken.

Dieser Artikel wurde überarbeitet und erschien erstmals am 21. Dezember 2020.


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