Wohl die meisten Menschen haben in der dunklen Jahreszeit schneller schlechte Laune und klagen über Antriebslosigkeit. Was uns im Sommer kaum stört, führt in der von winterlicher Tristesse gebeutelten Seele schnell zu Verstimmungen. Doch wo sind die Grenzen zwischen dem natürlichen Winterblues und einer depressiven Episode und wann sollten Sie zum Arzt?

Mit dem grauen, nasskalten Winterwetter stellt sich jedes Jahr aufs Neue bei vielen von uns Antriebslosigkeit und mangelnde Energie ein. In der Regel verbuchen wir das als normale Begleitumstände des Winters – gerade aufgrund des Lichtmangels. Doch es gibt Anzeichen, die auf eine echte Erkrankung schließen lassen und statt eines vermuteten Winterblues auf die Entwicklung einer schweren depressiven Verstimmung hindeuten. 

Antriebslosigkeit im Winter: Warum geraten wir in den Winterblues?

In den Wintermonaten sind die Tage kürzer, kälter und häufig trüb. Für den Körper war dies früher ein Zeichen, sich in den Ruhemodus zu begeben, ganz ähnlich, wie dies in der Natur der Fall ist. Der Hormonhaushalt reagiert auf diese Umstände ebenso wie der Stoffwechsel. Der Mensch wird ruhiger, träger und gönnt sich im optimalen Fall die gleiche Regeneration wie Flora und Fauna.

Lichtmangel im Winter macht uns müde, schlapp und antriebslos

Tatsächlich jedoch ist unsere hektische Welt weit von den Rhythmen der Natur entfernt. So verlangen wir von uns selbst und unserer Umwelt eine gleichbleibend hohe Leistungskraft, die den natürlichen Umwelteinflüssen zuwider läuft. In der Folge erleben wir Müdigkeit und Antriebslosigkeit, die sich durch die Prozesse im Körper verstärken. Die längere Dunkelheit veranlasst unseren Organismus, mehr Melatonin zu produzieren, was uns müde macht und unser Ruhebedürfnis erhöht. Gleichzeitig fehlt das Sonnen-Vitamin D, dass durch die verringerte Sonneneinstrahlung zumindest in unseren Breiten nicht mehr in ausreichender Menge vom Körper produziert werden kann.

Wie können Sie dem Winterblues entgegenwirken?

Glücklicherweise bietet unsere bunte Welt heutzutage nicht nur die anstrengende Hektik des Alltags, sondern auch vielfältige Möglichkeiten zur Erholung. Spaziergänge bei Tageslicht, Sonnenbäder im Urlaub und Sonnenbankbesuche (in Maßen!) können den Körper bei der Vitamin-D-Produktion unterstützen, während Tageslichtlampen dessen Melatoninproduktion hemmen. Die selbst im Winter überall verfügbaren frischen Lebensmittel machen eine gesunde Kost möglich, die durch gute Nährstoffzufuhr Erschöpfung mildert und unseren Körper gegen die besonderen Begleiterscheinungen der dunklen Jahreszeit wappnet.

Auch indem Sie Selbstfürsorge betreiben, lassen sich Winterblues und Antriebslosigkeit vertreiben: Nehmen Sie sich Zeit für Hobbys und ausgleichende Tätigkeiten, die im Stress des Alltags oft zu kurz kommen. Treffen Sie sich mit Freunden und der Familie, nutzen Sie die Weihnachts- und Winterfeiertage für schöne Erlebnisse und gönnen Sie sich Zeit für sich selbst – ob zum Lesen oder für den Sport.

Doch manchmal ist der Winterblues kein jahreszeitlich bedingter Stimmungsdämpfer, sondern Anzeichen für eine ernstzunehmende depressive Verstimmung. Können Ihnen Tätigkeiten, die Ihnen früher Freude bereitet haben, kein Lächeln mehr entlocken, oder sorgen negative Gedanken dafür, dass Ihre Grundstimmung nachhaltig angeschlagen bleibt, kann eine psychische Erkrankung dahinter stecken, die sich saisonabhängig verschlimmert. Treten derartige Symptome wiederholt nur im Winter auf, kann die saisonal abhängige Depression dahinterstecken, insbesondere wenn Heißhunger und ein extremes Schlafbedürfnis hinzukommen. An diesem Punkt sollten Sie aufmerksam werden und vorsorglich einen Arzt zurate ziehen.

Hält die Niedergeschlagenheit lange an, kann eine depressive Verstimmung oder Depression dahinterstehen.

Depressive Verstimmung oder echte Depression?

Die Differenzierung zwischen einer leichten depressiven Verstimmung und einer ernsthaften Erkrankung ist oft schwierig, da die Anforderungen des Alltags in der Phase des ersten Auftretens meistens noch gemeistert werden können. Gerade Betroffene einer sogenannten „funktionalen“ Depression weisen keine typischen Verhaltensweisen von Erkrankten auf, da sie sich beispielsweise optisch noch nicht „gehen lassen“ und ihren Pflichtaufgaben in vollem Umfang nachkommen. Sobald jedoch Ruhe einkehrt, zeigen Erkrankte eine unstillbare Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Erschöpfung, bei denen sich trotz ausreichender Schlafphasen keine Regeneration mehr einstellt.

Im Gespräch mit dem Arzt Ihres Vertrauens können Sie die vielfältigen Symptome einer Depression mit Ihrer individuellen Situation abgleichen. Gegebenenfalls lassen sich über medizinische Untersuchungen Mangelerscheinungen betreffend Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen herausfinden, die eine depressive Verstimmung beeinflussen könnten. Auch der Hormonhaushalt kann im Rahmen einer Blutuntersuchung überprüft werden. Sollte die depressive Verstimmung kein klassischer Winterblues sein, finden Sie zudem in Ihrem Arzt den richtigen Ansprechpartner, um konkrete Maßnahmen gegen eine schwerer wiegende Depression einzuleiten.