Sozialer Rückzug und Einsamkeit bei Burnout

„Eric hat übrigens jetzt seinen Auto-Umbau durch den TÜV bekommen. Das musst Du Dir unbedingt ansehen. Also was ist jetzt, kommst Du heute Abend? Wir gehen auch im Anschluss noch in den neuen Club. Da ist richtig was los. Die Musik ist super und das Publikum echt gut. Vor allem die Mädels.“ Stefan konnte seinen Kumpel durch das Telefon grinsen hören. „Ich weiß nicht, richtig Bock hab ich ja nicht.“ antwortete er. Schon jetzt genervt fügte er hinzu: „Eric wird dann wieder nur über sein Auto quatschen und tanzen will ich eigentlich auch nicht.“

„Mann, mit Dir ist echt nichts mehr los in letzter Zeit. Gerade dann, wenn man keine Lust hat, werden das doch die besten Abende. Und wenn Du nicht tanzen willst, lässt Du es einfach. Gib Dir einen Ruck und mach Dich fertig. Ich hol Dich gegen 19 Uhr ab. Dann geht’s erst nochmal zu den Jungs in die Werkstatt und dann los. Bis nachher dann.“ Lukas legte auf, bevor Stefan antworten konnte. Manchmal war er echt nervig. Er wollte gar nicht mehr vor die Tür, sondern sich einfach nur noch auf der Couch ausstrecken.

Gereizt durch die Fremdbestimmung seines Kumpels schlufte er in die Küche. Der Kühlschrank war leer, weil er das Einkaufen diese Woche immer wieder verschoben hatte. Ein trockenes Stück Fleischwurst lag noch da. Es sah wenig verlockend aus und ähnelte fast schon seinem Innenleben. Er fühlte die Einsamkeit in sich aufsteigen. Er nahm die Wurst heraus und ließ es in den Mülleimer plumpsen. Vielleicht sollte er doch mitgehen und wenigstens unterwegs etwas essen. Notfalls konnte er sich in ein Taxi setzen und heimfahren, wohl wissend, dass er es nicht tun würde. Der Gedanke an den letzten Abendausflug schlich durch seinen Kopf. Der Alkohol, der heftige Absturz mit den Jungs und der dicke Brummschädel, der das ganze Wochenende versaut hatte. Keine rosigen Aussichten.

Bis Lukas vor der Tür stand hatte sich Stefans Stimmung ein wenig gehoben. Das neue Hemd, ein Frustkauf über das Internet in der vergangenen Woche, sah recht gut an ihm aus und eine Dusche hatte den Rest erledigt. Erst fuhren sie noch schnell zum Imbiss, dann scherzten sie über den Job, über Frauen und über die Kommentare im Radio, bis sie in der Hobbywerkstatt von Eric ankamen. Doch schon das stolze Gepose des gemeinsamen Freundes zog Stefans Stimmung wieder herunter. „Mensch, wie alt bist Du denn, dass Du hier so angeben musst. Du bist doch kein Jungspund mehr, der sein Auto vorzeigen muss.“ ätzte Stefan plötzlich von sich selbst überrascht. – „Es gibt halt Leute, die haben ein Hobby. Ich bin schließlich nicht so alt, dass ich mich jeden Abend früh auf die Couch hauen muss.“ konterte Eric beleidigt.

Getroffen von diesen einfachen Worten löste sich in Stefan ein Funke von Frustration und Wut. Wortlos schnappte er seine Jacke und rauschte davon. Zurück nach Hause. Würde er mitgehen, würde er sich doch nur volllaufen lassen.

„Was ist denn mit dem los?“ fragte Eric verwirrt. „Keine Ahnung.“ erwiderte Lukas. „Doch irgendwas stimmt da derzeit nicht.“

Stimmungsschwankungen und ihre Folgen
Ein typisches Anzeichen für den Burnout ist der soziale Rückzug. Zunächst noch als ganz normal wirkende Unlust empfunden, steigert sich die Abwehr von sozialen Verpflichtungen schrittweise bis hin zur totalen Isolation. Das Umfeld erlebt die Stimmungsschwankungen als „Launenhaftigkeit“ und reagiert nicht selten auf die unterschwellige Aggression und Gereiztheit des Betroffenen. Dabei kämpft der Burnout-Patient oft mit einem inneren Zwiespalt: Der Wunsch nach Ruhe und Entspannung kollidiert mit der Angst vor Gefühlen wie Frust, Wut und Einsamkeit.

Gerade die Einsamkeit wird jedoch durch die Gesamtsituation forciert: Ohne zu wissen, dass der Mensch mit den Stimmungsschwankungen nicht anders kann, weil er mit dem Burnout und gegebenenfalls bereits manifestierten Depressionen kämpft, reagiert das Umfeld auf die teils gereizten, mitunter auch aggressiven Interaktionen mit einem ebensolchen Gefühlsspiegel. Kommt es durch dieses Wechselspiel häufiger zu Unstimmigkeiten oder Streit, wird sich das persönliche Umfeld ebenfalls zurückziehen. Der Betroffene kann diesen Rückzug wiederum als Ablehnung wahrnehmen, wodurch sich das Gefühl der Einsamkeit beim Betroffenen indirekt verstärkt. Ohne aktive Veränderung der Situation kann sich hierdurch eine negative Spirale entwickeln, welche die Rückkehr in ein normales und gesundes Leben erschwert.

Bemerken Sie bei sich selbst häufige Stimmungsschwankungen und die Vermeidung von sozialen Kontakten, sprechen Sie mit Ihrem Arzt über potenzielle Ursachen wie Burnout oder Depressionen, um der Negativspirale in die Einsamkeit zu entgehen.