Immer belastbar und einsatzfähig – kann das auf Dauer funktionieren?

Sie kennen vielleicht das Bedürfnis, Ärgernisse, Enttäuschungen oder belastende Erlebnisse nicht allzu sehr an sich heranzulassen, um im Alltag möglichst gut zu funktionieren. Die Verdrängungsleistung, die damit verbunden ist, gelingt vorübergehend meist recht gut. Langfristig ist es jedoch hilfreich, einen Zugang zu den damit verbundenen Themen zu finden, um nicht auf Dauer von ihnen beherrscht zu werden.

Der unbewusste Umgang mit Gedanken und Emotionen

Die Konfrontation mit Leid und Schmerz, Stress und emotionalem Ballast kann sehr einschränkend und häufig auch anstrengend sein. Verdrängung zählt hier zu den häufigsten Phänomenen, um mit unangenehmen Gefühlen und Traumata zurechtzukommen. Leider hilft dies nicht langfristig, denn was nicht verarbeitet wird, kehrt mit der Zeit auf anderer Ebene zurück, etwa in Form von Depressionen, Ängsten oder auch psychosomatischen Beschwerden.

Verdrängung ist dabei nicht einfach nur ein Begriff, der aufzeigt, dass Dinge und Themen beiseitegeschoben werden. Es handelt sich vielmehr um einen eindrucksvollen und letztlich durchaus spannenden psychologischen Vorgang, eine Art Abwehrmechanismus, der aus Gründen des Selbstschutzes angewendet wird. Dies geschieht in aller Regel nicht bewusst und auch nicht planvoll. Selbst wenn Sie sich vornehmen, an etwas Bestimmtes nicht mehr zu denken, verschwindet es nicht einfach aus Ihrem Gedächtnis und Ihrem Erleben. Es bleibt im Unterbewusstsein präsent und kann sich nachhaltig auf Ihr persönliches Wohlbefinden auswirken. 

Verschiedene therapeutische Ansätze, etwa im Rahmen therapeutischer Gespräche oder Kunsttherapie-Sitzungen, können hier eine hilfreiche Option sein, um Verdrängtes wahrnehmbar zu machen und dadurch eine gesunde Verarbeitung und auch Integration zu ermöglichen.

Die Funktionsweise der Verdrängung

Das psychologische Konzept der Verdrängung geht zurück auf den Gründer der Psychoanalyse, den österreichischen Arzt Sigmund Freud (1856-1939). Definiert wird ein sogenannter Abwehrmechanismus, der dafür sorgt, dass als unangenehm erlebte Erinnerungen oder auch Emotionen und Gedanken dem bewussten Zugang entzogen und ins Unterbewusstsein verdrängt werden. Dieser Vorgang dient Ihrer Psyche und auch Ihrem Verstand als eine Art Schutzschild.

Stellen Sie sich zum leichteren Verständnis dieses Geschehens Ihren Verstand als eine Kiste vor. Alle Erlebnisse, Erfahrungen und Informationen, mit denen Sie im Verlauf Ihres Lebens konfrontiert werden, können Sie dort hineinlegen. Bei allem, was Sie erleben, gibt es jedoch auch zahlreiche belastende Begebenheiten. Sie fühlen sich möglicherweise dadurch unangenehm berührt oder verängstigt und möchten diese Informationen nicht in Ihrer Kiste haben.

Sie nehmen nun diese für Sie problematischen Emotionen oder Gedanken und legen Sie in eine andere Kiste, die Sie danach nicht so häufig betrachten. Auf diese Weise können Sie Ihre negativen Erinnerungen aus Ihrem vordergründigen Bewusstsein – Ihrer primären Kiste – heraushalten. Dies verdeutlicht den Vorgang beim Verdrängen. Sie profitieren zunächst davon, indem Sie Erleichterung verspüren und nicht von unangenehmen Emotionen überfordert werden. So können Sie erst einmal im Alltag gut funktionieren, zumindest für einige Zeit.

Die möglichen Langzeitfolgen der Verdrängung

Für eine gewisse Zeit kann Ihnen die Verdrängung die gewünschte Linderung und den erhofften Schutz vor Überforderung verschaffen. Gleichzeitig besteht ein ungelöster Konflikt, denn das verdrängte Erleben ist ja nicht gelöscht oder anderweitig verschwunden, sondern es existiert in Ihrem Unterbewusstsein fort. Sigmund Freud prägte die Formulierung, das Ich sei nicht Herr im eigenen Haus. Damit drückte er aus, dass nur ein Teil der menschlichen Psyche bewusst zugänglich ist, der Rest ist verborgen.

Der verborgene Teil kann auf lange Sicht krank machen, sofern er nicht wahrgenommen und verstanden wird. Je nach Art des verdrängten Inhaltes können mit der Zeit erhebliche Probleme wirksam werden. Dies gilt umso mehr, je schwerwiegender das Verdrängte ist und je länger es verdrängt wurde. Sie kennen vielleicht Menschen in Ihrem Umfeld, die unter einer Depression leiden, mit regelmäßigen Schmerzen konfrontiert werden, für die es keine organische Entsprechung gibt oder die mit starken Ängsten zu tun haben. Hier können verdrängte Themen ein Auslöser für diese Befindlichkeit sein.

Vielleicht hatten Sie im Verlauf Ihres bisherigen Lebens ein traumatisches Erlebnis. Wenn Sie die negativen Erinnerungen daran verdrängen, kann es sein, dass Sie heute gar keine bewusste Erinnerung mehr an die Begebenheit haben. Das gilt leider nicht für die emotionalen Auswirkungen, die meist damit verbunden sind. Diese bestehen vielfach fort und beeinträchtigen möglicherweise Ihr Wohlbefinden, Ihre Gesundheit oder auch Ihre psychische Belastbarkeit. Und eben dann können Sie nicht mehr wie gewohnt „funktionieren“, auch wenn Sie dies wollen.

Die Chance von therapeutischen Behandlungen beim Verständnis des Verdrängten

Auch wenn Ihnen die Verdrängung für eine gewisse Zeit helfen kann, Ihren Alltag sinnvoll zu gestalten und bewältigen, ist es auf Dauer hilfreich, das Verdrängte sichtbar zu machen und es entsprechend ans Tageslicht zu holen. Je früher Sie dies angehen wollen und können, desto leichter wird es Ihnen fallen. Häufig wird eine therapeutische Unterstützung erst dann in Anspruch genommen, wenn bereits erhebliche Symptome und Überlastungen bestehen, deren Ursprung sich weitgehend im Dunkeln befindet. 

Sie können natürlich auch versuchen, mit den Unwegsamkeiten möglicher Überforderung oder Überlastung alleine zurechtzukommen. Eine therapeutische Begleitung kann sie jedoch darin unterstützen, wesentliche Punkte über sich selbst zu verstehen und dadurch einen Zugang zu Ihren Ressourcen und Ihrer Handlungsfähigkeit zu finden. Professionelle Hilfe ist letzten Endes immer Hilfe zur Selbsthilfe. Was Sie kennen und sich bewusst machen können, lässt sich integrieren und bewältigen. Dadurch haben Ihre möglichen psychischen Probleme nicht Sie im Griff, sondern Sie können sich aktiv erinnern und müssen sich nicht dauerhaft durch Verdrängung schützen.

Therapeutische Möglichkeiten beim Umgang mit Verdrängung

Ein therapeutisches Setting bietet Ihnen einen sicheren und geschützten Rahmen, in dem Sie die Möglichkeit haben, sich Ihren verdrängten Emotionen und Erinnerungen zu nähern. Sie werden dabei durch einen Therapeuten unterstützt, der sie darin begleitet, Ihre inneren Verdrängungsvorgänge aufzuspüren. Hierbei stehen unterschiedliche therapeutische und psychotherapeutische Verfahren und Techniken zur Verfügung. Sie helfen Ihnen dabei, nicht mehr funktionierende Denkmuster aufzubrechen und neue Ansätze im Umgang mit sich selbst kennenzulernen.

Wir bieten Ihnen in unserer Klinik vielfältige therapeutische Angebote, die auf Ihre individuelle Situation zugeschnitten sind. Wir besprechen mit Ihnen die Möglichkeiten und entscheiden gemeinsam, welche Therapieziele hilfreich sind und welche damit verbundenen Therapien geeignet sind. 
Die Optionen umfassen ein psychotherapeutisches beziehungsweise psychosomatisches Konzept der Behandlung in Verbindung mit einem reichhaltigen Therapieangebot. Dazu zählen beispielsweise Kunsttherapie, Musiktherapie, Ergotherapie, Yoga, Meditation oder Bogenschießen. Wir stellen Ihnen exemplarisch vier therapeutische Ansätze etwas genauer vor.

Psychotherapie

Im Rahmen der Psychotherapie ermutigt Sie der Psychotherapeut über Ihre Gefühle, Ihre Erlebnisse und Ihre Gedanken zu sprechen. Dies ermöglicht Ihnen nach und nach einen tieferen Zugang zu verdrängten Inhalten und bietet die Möglichkeit, diese wahrnehmbar zu machen und zu bearbeiten.

Kunsttherapie

Die Kunsttherapie ist eine kreative Methode, mit der Sie sich selbst beziehungsweise Ihr inneres Erleben zum Ausdruck bringen können. Es stellt ein Ausdrucksmittel dar, das Ihnen neue Erkenntnisse im Umgang mit Ihren verdrängten Erinnerungen ermöglicht. Sie können Ihre innere Welt gestalterisch sichtbar machen und sich ihr auf diese Weise nähern.

Musiktherapie

In der Musiktherapie werden Klänge beziehungsweise Musik eingesetzt, um Emotionen zu wecken und verdrängte Gefühle hervorzuholen. Sie bietet Ihnen die Möglichkeit, sich Ihrem Erleben nonverbal zu nähern und es auszudrücken, ohne darüber sprechen zu müssen.

Meditation

Die Meditation ist eine der ältesten Methoden, um sich achtsam dem eigenen Innenleben zu nähern. Sie können Ihre Gedanken loslassen und sich auf Ihre Atmung konzentrieren. Sie lassen Ihre Emotionen vorbeiziehen ohne sie zu verurteilen und lernen dabei, innerlich ruhig zu werden und sich nicht zu bewerten. 

Fazit

Das Bedürfnis, stets leistungsfähig zu bleiben und im Alltag jederzeit zu funktionieren, ist menschlich und sehr verständlich. Nicht immer liegt dies jedoch auf Dauer vollständig in Ihrer Hand. Mitunter sind Sie mit Ängsten und Verunsicherungen konfrontiert, die Sie sich vielleicht nicht wirklich erklären können. Möglicherweise haben Sie mit zunehmenden Stimmungsschwankungen oder psychosomatischen Beschwerden zu tun.
Ein Großteil des unangenehmen und leidvollen Erlebens in Alltagssituation basiert auf Verdrängungen, die uns nicht bewusst sind, jedoch unser Leben wesentlich beeinträchtigen können. Therapeutische Ansätze helfen Ihnen dabei, einen Zugang zu sich selbst zu finden und auch problematische Themen und Ereignisse zu integrieren und verarbeiten.