Wie können Angehörige zur Förderung beitragen?

Angehörige von Menschen mit psychischen Erkrankungen tragen die schwere Last der Krankheit mit. Der gute Umgang mit der Situation und mit dem Erkrankten verlangt vom Umfeld viel Kraft, Geduld und Fingerspitzengefühl. 

Schonen und Fordern im richtigen Maß
Der Bedarf an Schonung und Forderung des psychisch Erkrankten ist sehr individuell. Das Naturell des Betroffenen spielt dabei ebenso eine große Rolle wie die akute Krankheitsphase. In einer depressiven Episode kann ein Auffordern zu mehr Aktivität beispielsweise die Episode verstärken, wenn sich der Erkrankte unter Druck gesetzt fühlt. Findet er mental nicht die Kraft, aufzustehen und sich im Bad zurechtzumachen, macht es wenig Sinn, ihn zu mehr Aktivität mit Sport an der frischen Luft aufzufordern.
Umgekehrt kann eine zu große Schonung ein Vermeidungsverhalten beim Erkrankten forcieren. Die stete Rücksichtnahme wird Schritt für Schritt zu einer angenehmen Selbstverständlichkeit. Psychologisch wird dabei auch von einem „sekundären Krankheitsgewinn“ gesprochen – Der Patient richtet sich in seiner Erkrankung ein und hat keinen oder nur wenig Anreiz, aktiv aus seiner erkrankungsbedingten Komfortzone heraus zu kommen.

Wie können Angehörige zur Förderung beitragen?
Seien Sie präsent sein, unterstützen Sie jede Handlung durch positive Motivation, jedoch nehmen Sie dem Erkrankten nicht alles – so könnten die ersten Tipps für Angehörige vermutlich gut zusammengefasst werden. Regen Sie begonnene Tätigkeiten zur Intensivierung an. Bieten Sie die Begleitung bei der Umsetzung von Plänen an. So können Sie die gesunde Ernährung fördern, indem Sie um Unterstützung beim Einkaufen, Kochen und Zubereiten unterstützen. Sorgen Sie gerne für einen angenehmen Rahmen bei der Speiseaufnahme, decken Sie den Tisch hübsch, lassen Sie Licht und Musik eine stimmungsvolle Atmosphäre schaffen, um die vom Erkrankten mitgekochten Speisen mit positiver Ausstrahlung zu würdigen.
Fördern Sie stärker über „Ich“-Botschaften statt mit „Du“-Aussagen zu kommunizieren. So ist es in einer depressiven Episode förderlicher zu sagen: „Ich würde gerne mit Dir spazieren gehen.“ als ein „Du solltest mit mir jetzt einen Spaziergang machen.“

Neutrale Konsequenzen dürfen Thema sein
Ein Aspekt, der viel Fingerspitzengefühl bedarf, ist die Betrachtung von Konsequenzen. Auch dem Erkrankten ist in der Regel bewusst, dass seine Erkrankung, sein Verhalten und seine Interaktion mit dem Umfeld im Allgemeinen Konsequenzen mit sich bringt. Während mancher Erkrankte darauf mit Angst und Selbstdruck reagiert, werden andere hierdurch aggressiv. Beide Verhaltensweisen können ein Ausdruck von Überforderung sein, jedoch auch ein Zeichen von unzureichender Mitarbeitsfähigkeit, die den Erkrankten – bewusst oder unbewusst – in der Erkrankung festhält.
Die Sorge vor Überforderung darf jedoch nicht dazu verleiten, potenzielle Konsequenzen aus der Situationsbetrachtung heraus zu halten oder sie vollständig zu ignorieren. Auch hier bietet ein feinfühliges Besprechen der neutralen Betrachtung von Konsequenzen mit „Ich“-Botschaften gegenüber Du-Aussagen Vorteile. Die „Du“-Aussage kann für den Erkrankten schnell einen bedrohlichen Unterton entwickeln. So wäre es besser zu kommunizieren: „Ich glaube, so könnte man die Situation ändern, um dieses positive Ziel als Konsequenz zu erreichen“ („Ich“-Botschaft), als zu äußern: „Wenn Du nicht diese Aufgabe erfüllst, geschieht diese (negative) Konsequenz!“

Auszeiten nehmen – für Angehörige essentiell
Wenn Sie einen Menschen mit Depressionen oder einer anderen psychischen Erkrankung begleiten, leisten Sie eine wichtige, jedoch oft kraftraubende Arbeit. Denken Sie entsprechend regelmäßig auch an Ihr eigenes Wohlbefinden. Nehmen Sie sich Auszeiten, in denen Sie sich ausschließlich um Ihre eigenen Interessen kümmern und von der Problematik mit dem Erkrankten Abstand nehmen. Dies ist essentiell, um neue Energie für den Alltag mit einem psychisch kranken Angehörigen zu sammeln.