Ob Home-Office eine Depression oder andere psychische Erkrankungen auslösen kann, wird derzeit verstärkt gefragt und untersucht – hatte die Pandemie das Arbeiten von zu Hause plötzlich zum gängigen Arbeitsmodell gemacht. Manche genießen dies, doch andere Menschen macht Home-Office eventuell krank: Sie wollen lieber zurück ins Büro. Wie Sie Ihre Haltung zum Thema finden können, lesen Sie hier.

Geht das Arbeiten im Home-Office mit Depressionen einher?

Nachteile des Arbeitens im Home-Office sind schnell gefunden:

  • Man ist stärker vereinzelt und sozial isoliert.
  • Online-Meetings können nur eingeschränkt persönliche Begegnungen ersetzen.
  • Konflikte zwischen Kollegen und auch mit Vorgesetzten können entstehen oder brechen jetzt auf. Zugleich reduzieren sich die Möglichkeiten, diese zeitnah und angemessen beizulegen.
  • Fehlende Struktur führt zu Unsicherheiten: Arbeite ich genug oder gar zu viel?
  • Der Arbeitsweg bedeutete immer auch die Möglichkeit für ein Mindestmaß an Bewegung (z.B. durch die Radfahrt ins Büro oder den Weg zum Bahnhof). Zugleich konnte diese Zwischenzeit zum gedanklichen und emotionalen Einstimmen bzw. Abschalten genutzt werden.
  • Die weniger strikte Trennung zwischen Beruf und Privatem erschwert zuweilen die nötige Distanz zur Arbeit.

Im September 2021 bewerteten zwei Drittel von über 5000 Personen in einer Umfrage der Deutschen Depressionshilfe die Arbeitssituation in den Lockdown-Phasen als bedrückend. Eine vermeintliche Home-Office-Depression lässt sich in einer Studie aber kaum von allgemeinen Corona-Ängsten trennen. Gleiches gilt für negative Gefühle wegen schwieriger Bedingungen im Home-Office durch räumliche Enge oder die zusätzliche Belastung durch das Home-Schooling der Kinder.

Die Vorteile von Home-Office sind vielfältig. Sie sollten aber Einiges beachten.

Für latent depressive oder ängstliche Menschen ist jede erzwungene Veränderung schon ein möglicher Symptomverstärker. Die eigene Gestimmtheit beeinflusst, ob die soziale Distanz als Chance oder beunruhigend erlebt wird. Gleiches gilt für die Arbeitsmotivation: Wer stark selbstgesteuert ist, arbeitet zu Hause möglicherweise mehr. Wer für Leistung auch der sozialen Kontrolle bedarf, fällt in seiner Leistung eventuell ab.

Eine Mischung aus Büro und Home-Office könnte so zukünftig für positive Erfahrungen sorgen, die im pandemiebedingten Lockdown gar nicht möglich waren. Allgemeingültige Aussagen zum heimischen Arbeiten sind aber eher zweifelhaft und bringen Sie nicht weiter. Erhellender ist es, ein wenig Innenschau zu betreiben.

Home Office – ziehen Sie Ihre persönliche Bilanz

Tun Sie dies anhand folgender Fragen:

  1. Welche Aspekte des Home-Office haben mir gutgetan? 
  2. Worunter habe ich gelitten? Sehe ich Verbesserungsmöglichkeiten? 
  3. Wo sind meine Gefühle nur indirekt auf die Situation Home-Office zurückzuführen?

Die letzte und möglicherweise überraschende Frage ist wichtig für eine objektive Bilanz: Das Home-Office unter Pandemiebedingungen war weder selbst gewählt noch vorbereitet – es bestand eine Pflicht dazu, die erst im März 2022 aufgehoben wurde. Soziale Kontakte waren auch nach der Arbeit reduziert. Es herrschte allgemein Unsicherheit und Angst. 

Für manche Menschen war die häusliche Situation schon vor der Pandemie extrem belastet: Seien es schwelende Konflikte und Unzufriedenheit in der Familie/Beziehung, oder bei alleinstehenden Personen etwa Gefühle von Einsamkeit nach dem Feierabend. Die Möglichkeit, dem wenigstens zeitweise durch das Arbeiten im Büro zu entfliehen, entfiel plötzlich.

Zurück ins Büro: Wie können Sie Ihre Rückkehr vorbereiten?

Die Entscheidung, dem Home-Office den Rücken zu kehren, treffen Sie, wenn Ihre persönliche Bilanz mehr für Büro spricht. Bereiten Sie dazu den Wechsel ins Büro innerlich und äußerlich vor! Sehen Sie diesen Neubeginn als Chance, manches anders zu machen.

Klären und entzerren Sie häusliche Konflikte. Oder sorgen Sie für mehr soziale Aktivität nach Feierabend, damit Arbeit nicht Ihr hauptsächliches Kontaktfeld bleibt.

Sollten Ihnen im Home-Office ungeklärte Konfliktsituationen mit Kollegen oder Vorgesetzten deutlich geworden sein, dann gehen Sie die Klärung nach einer Zeit der Eingewöhnung offensiv an. Rechnen Sie mit Unsicherheiten bei allen Beteiligten und beziehen Sie diese nicht unbegründet auf sich. Das soziale Miteinander im Büro muss sich erst wieder einspielen. Organisieren Sie gemeinsam Möglichkeiten, sich kollegial zu begegnen und der Freude Ausdruck zu verleihen, wieder ein echtes Team zu werden.

Rechnen Sie nach einer gewissen Anfangseuphorie auch mit Stress: Neue Zeit- und Raummodelle müssen eventuell ausgehandelt und in Routine übersetzt werden. Suchen Sie bei Unsicherheiten Vieraugengespräche mit Vorgesetzten und Kollegen und ziehen Sie sich nicht aus Enttäuschung oder Unsicherheit zurück.

Zuhause arbeiten: Ist das Home Office Fluch oder Segen?

Wie Sie die Vorteile des Home-Office beibehalten können

Wenn für Sie die positiven Aspekte des Home-Office überwiegen, dann sind die Zeiten nicht schlecht, das mobile Arbeiten von zu Hause teilweise beizubehalten. Sprechen Sie Ihren Vorgesetzten darauf an und machen Sie eigene Vorschläge. Die möglichen Vorteile sollten Sie dazu ermutigen. Schauen Sie sich dazu auch Ihre obige Bilanz an.

Beachten Sie die Punkte, die Sie als belastend empfanden, für die Sie aber Lösungen sehen:

  • Bessern Sie etwa Ihren Arbeitsplatz zu Hause auf, indem Sie Ihr technisches Equipment erweitern und auch einen ergonomisch guten Schreibtischstuhl nutzen.
  • Beginnen Sie einen Home-Office-Tag genauso strukturiert, als würden Sie ins Büro gehen: vom Duschen und Ankleiden bis zum Frühstück. Nur, dass Sie dann an Ihren Schreibtisch gehen.
  • Machen Sie klar abgegrenzte Pausen, in denen Sie den Schreibtisch verlassen. 
  • Beenden Sie Ihre Arbeit zur gesetzten Zeit.
  • Sorgen Sie nach Feierabend für einen Ausgleich zur fehlenden Bewegung, die Sie sonst durch den Arbeitsweg gehabt hätten.
  • Achten Sie darauf, in Online-Meetings und an Bürotagen gegenüber Vorgesetzten und Kollegen präsent und zugewandt zu sein.