Niemand brennt von heute auf morgen aus, auch wenn scheinbar plötzlich nichts mehr geht: Vielmehr hat auch ein Burnout Phasen. Wir zeigen Ihnen eine Einteilung in Burnout-Stadien, die Betroffenen und Angehörigen dabei hilft, die aktuelle Situation realistisch einzuschätzen.

Burnout ist zwar keine eigenständige Krankheit, aber sehr wohl ein medizinisch anerkannter Risikozustand schwerer körperlicher, emotionaler und psychischer Erschöpfung, der leicht in eine Depression münden kann. An einem Burnout-Syndrom leidet jedoch keiner von heute auf morgen, es handelt sich um einen schleichenden Prozess mit immer stärker werdenden Auswirkungen auf die eigene Psyche, Leistung und das soziale Umfeld. Anhand derer lässt sich das Syndrom in verschiedenen Burnout-Stadien beschreiben.

Was ist ein Burnout?

Mitunter benennen Menschen in stressigen Zeiten ihre vorübergehende Überforderung mit “Burnout”. Für manche ist der Begriff sogar ein selbstgefälliges Etikett für die eigene immense Geschäftigkeit. Dennoch verbirgt sich hinter einem Burnout häufig genug auch eine Dynamik, die über diverse Burnout-Phasen in einen bedrohlichen Krankheitszustand mündet. Dieser entsteht, wenn eine Person ihren beruflichen oder persönlichen Einsatz in maßlose Dimensionen übertreibt. Dieser Einsatz wird irgendwann zum einzigen Lebensinhalt, alles Andere wird im Durchlauf der späten Burnout-Stadien bedeutungslos. Am Ende steht ein Zustand seelischer und körperlicher Erschöpfung, Sinnlosigkeit und Depression.

1974 beschrieb der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger ein arbeitsbezogenes Erschöpfungssyndrom, das heute jedem als “Burnout” geläufig ist, erstmals unter eben diesem Begriff. Heute ist sein 12-Stadien-Modell zu den Burnout-Phasen sehr populär.

Welche Burnout-Phasen lassen sich beschreiben?

Das Modell der zwölf Burnout-Stadien von Herbert Freudenberger und Gail North aus 1992 hat sich auch diagnostisch bewährt: In der Entwicklung eines Fragebogens zur Burnout-Diagnostik wurde es beispielsweise vom Gesundheits- und Vorsorgezentrum der KFA Wien 2013 genutzt. In dem Screening kann der Proband für jede der Burnout-Phasen drei exemplarische Aussagen entlang einer Likert-Skala als zutreffend bzw. weniger zutreffend markieren. Mithilfe dieser Selbsteinschätzung kann der Arzt/Therapeut als auch der Betroffene sich selbst „verorten”. Die Formulierungen im Burnout-Phasen-Screening und die jeweiligen Charakteristika aller zwölf Burnout-Stufen seien im Folgenden benannt.

Die zwölf Burnout-Stadien

Erste Burnout-Phase: Zwang, sich beweisen zu müssen

Für dieses Stadium sind kennzeichnend: sehr starkes Engagement, große Euphorie und hohe Ansprüche an sich selbst sowie die eigene Leistung – über eigene Grenzen hinweg.

  • Ich stehe beruflich häufig unter Anspannung.
  • Es ist mir sehr wichtig, meine Arbeit besonders gut zu machen.
  • Wenn ich früher nach Hause gehe, fühle ich mich merkwürdig.


Zweite Burnout-Phase: Verstärkter Einsatz

Die Arbeit kann unter Anlegung des eigenen Perfektionsmaßstabes nicht mehr alleine erledigt werden, doch Delegieren kommt nicht in Frage, aus dem Anspruch und Glauben heraus, unersetzbar zu sein.

  • Ich erledige meine Arbeit immer sehr rasch.
  • Wenn Arbeit liegen bleibt, habe ich ein schlechtes Gewissen.
  • Ich arbeite oft sehr lange bzw. mache viele Überstunden.


Dritte Burnout-Phase: Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse

Die Arbeit geht immer vor – die Familie und Freunde sind nachrangig. Eigene Bedürfnisse, auch die nach Ruhe und Schlaf werden kompensiert durch Kaffee, Nikotin oder Alkohol.

  • Ich habe häufig das Gefühl, mein Leben kommt zu kurz.
  • Nach der Arbeit oder am Wochenende bin ich häufig so müde, dass ich mich zu nichts mehr aufraffen kann.
  • In letzter Zeit muss ich sehr aufpassen, dass ich nichts vergesse oder übersehe.


Vierte Burnout-Phase: Verdrängung von Konflikten und Fehlern

Es passieren erste Fehler, Dinge werden vergessen, doch dies wird geleugnet. Auch erstmals auftretende körperliche Warnsignale werden ignoriert.

  • Ich erkranke häufiger als früher.
  • Ich kann schlecht einschlafen oder liege häufig wach.
  • Es fällt mir häufig schwer, nicht von der Arbeit zu sprechen.


Fünfte Burnout-Phase: Umdeutung von Werten

Soziale Kontakte, auch zu engen Bezugspersonen, werden als Belastung empfunden. Frühere Prioritäten werden opportun als “unwichtig” umgedeutet.

  • Meine berufliche Situation ist deutlich belastender als früher.
  • Ich habe häufiger Konflikte mit Kollegen oder Kolleginnen als früher.
  • Im familiären Bereich kommt es häufiger zu Unstimmigkeiten.


Sechste Burnout-Phase: Verleugnung der Probleme

Es wird kaum noch Zeit mit der Familie und Freunden verbracht, normalen Anforderungen wird zunehmend zynisch und aggressiv entgegnet. Die offensichtliche Überlastung, die sich auch in ständiger Müdigkeit oder Migräne widerspiegeln kann, leugnet der Betroffene konsequent.

  • Ich halte mehr Stress aus als andere.
  • Ich fühle mich häufig von anderen Menschen nicht verstanden.
  • Ich habe wenig Zeit für Sport oder Hobbys.


Siebte Burnout-Phase: Rückzug

Die Person zieht sich sozial zurück, fühlt sich hoffnungslos und zunehmend entfremdet. Sie bemerkt die abfallende Leistung nun auch selbst, sucht sich aber Ersatzbefriedigungen wie Alkohol o.ä.

  • Ich treffe mich seltener mit Freunden und Bekannten.
  • Ich kann mich nicht mehr über etwas freuen.
  • Um Stress abzubauen, greife ich auf Alkohol und/oder Medikamente zurück.


Achte Burnout-Phase: Verhaltensänderung

Verhaltensänderungen sind nun offensichtlich, besorgte Freunde werden aber zurückgewiesen und Kritik an der eigenen Person nicht akzeptiert. Der Betroffene fühlt sich schnell angegriffen und zieht sich weiter zurück.

  • Ich muss mich häufig zwingen, mich für Freunde zu interessieren.
  • Wenn ich zu Hause bin, möchte ich am liebsten nicht angesprochen werden.
  • Um abzuschalten, schaue ich fern oder surfe im Internet.


Neunte Burnout-Phase: Depersonalisation

Die eigene Persönlichkeit wird nicht mehr “gefühlt” und das Empfinden von Wertschätzung für das eigene Leben und andere Personen schwindet. Der Betroffene wirkt verloren.

  • Meine Familie oder Freunde machen sich Sorgen um mich.
  • Ich gehe häufig über meine gesundheitlichen Grenzen.
  • Ich funktioniere wie eine Maschine.


Zehnte Burnout-Phase: Innere Leere

Die Person ist innerlich leer, mutlos und erschöpft – ständige Müdigkeit dominiert. Es kommt nun auch vermehrt zu Gefühlen der Angst und Panikattacken.

  • Manchmal überkommt mich richtige Panik.
  • Neue Herausforderungen im Beruf werden zur Qual.
  • Ich habe am Wochenende ein mulmiges Gefühl, wenn ich an Arbeit denke.


Elfte Burnout-Phase: Depression

Völlige Antriebs- und Lustlosigkeit macht sich breit, der Burnout-Erkrankte ist niedergeschlagen und von existenziellen Zweifeln geplagt.

  • Manchmal überkommt mich ein Gefühl der Leere.
  • Es gibt Tage, an denen bin ich richtiggehend verzweifele.
  • Ich möchte häufig nur noch im Bett liegen und schlafen.


Zwölfte Burnout-Phase: Völlige Erschöpfung

Neben der seelischen Erschöpfung ist der Betroffene womöglich inzwischen auch körperlich krank. Er kann gar nichts mehr, schon gar nicht arbeiten. Es kommt zur Suizidgefahr.

  • Ich kann mich häufig in der Früh gar nicht überwinden aufzustehen.
  • Ich will so nicht weitermachen.
  • Ich kann nicht mehr.

Was sagen die zwölf Burnout-Stadien aus?

Das Modell der Burnout Phasen helfen dabei, sich selbst einzuschätzen
Das Screening zeigt: Wo stehe ich?

Ein solches Burnout-Phasen-Modell ist die versuchte Beschreibung lebendiger Realität. Oder wie die Buddhisten sagen: Der Finger, der auf den Mond zeigt, ist nicht der Mond selbst. Das Ankreuzen der stimmig empfundenen Zustände, ob durch Betroffenen oder Personen des Umfeldes, ergibt anhand der zwölf Burnout-Stadien dennoch ein mögliches Abbild der aktuellen Situation. Burnout-Stadien werden individuell sicherlich unterschiedlich durchlaufen, auch ein Überspringen von Stadien oder ein Rücksprung in ein voriges Stadium kommen vor. 

Ab welcher Burnout-Phase wird es gefährlich?

Realistische Selbstwahrnehmung und Selbststeuerung eines Betroffen schwinden im Laufe der Burnout-Phasen. Ab Phase 6 dominiert die Selbstverleugnung, der Übergang bzw. Kipppunkt von einer temporären Erschöpfung zum Burnout gekommen; der Burnout ist ab hier real. Das heißt, eine Umkehr ohne medizinische Hilfe bzw. Zusammenbruch wird immer unwahrscheinlicher. Einschätzungen und eventuelle Interventionen von Personen des Umfeldes sind jetzt besonders wichtig. Spätestens ab dem neunten Burnout-Stadium besteht im Grunde Arbeitsunfähigkeit und der Bedarf professioneller Hilfe von außen. Menschen, die sich selbst in Phase 11 oder 12 sehen, sollten unbedingt Angebote zur Suizidprävention annehmen und sich an einen Arzt, eine psychiatrische Klinik oder Ambulanz werden (lesen Sie hier, wo Sie die passende psychologische Hilfe finden). Auch die Telefonseelsorge hilft in einer solchen Situation weiter: 0800 1110111.

Späte Burnout-Phase gleich Depression?

Der in Phase 11 verwendete Begriff Depression verweist auf die pragmatische Sichtweise Freudenbergers zum Zusammenhang von Burnout und Depression: Für ihn ist Burnout final eine Depression nach völliger Verausgabung. Das unterscheidet für ihn den Burnout von anderen Depressionen, etwa als Reaktion auf Verlusterfahrung. Das kann wichtig sein für das (Selbst-)Verständnis Burnout-Betroffener, die sich zum Beispiel bei Klinikaufenthalten in anderen Depressiven meist nicht wiedererkennen können. Hierin liegt Chance und Berechtigung in der Verwendung des Begriffes Burnout.

Wichtig für Sie zu wissen, ob als Betroffener oder Angehöriger: eine Behandlung ist in jedem Burnout-Stadium möglich. Besonders ein stationärer Aufenthalt in einer entsprechenden Klinik kann den in dieser Situation wichtigen Abstand zum “Tatort” Arbeit und anderen Alltagslasten herstellen, und im geschützten Raum den Bedarf nach Erholung sichern.