Senioren, Rentner – Teil 5

Du bist halt nicht mehr der Jüngste
Nach einem langen und arbeitsreichen Leben sehnen sich viele Menschen nach dem Eintritt in das Rentenalter. Endlich bietet sich Zeit für so vieles, das zuvor immer zu kurz kam: die Familie, Hobbys und die alltäglichen Belange können nun frei eingeteilt werden. Doch für viele Menschen birgt diese Veränderung die Gefahr für einen Burnout: Der gravierende Wechsel der Lebensumstände und der neue Tagesablauf können in depressive Episoden führen, während auftretende Symptome mit alterstypischen Beschwerden verwechselt werden.

Endlich Zeit – und doch nicht glücklich!
Der Eintritt ins Rentenalter verändert das ganze Leben: War zuvor die Arbeit Mittelpunkt des Alltages, steht nun viel Zeit im Raum, die frei genutzt werden kann. Dafür müssen veränderte Tagesabläufe geplant und die umfassende freie Zeit mit neuen Tätigkeiten gefüllt werden. Was zunächst nach einem nicht mehr endenden Urlaub klingt, wird dabei schnell zu einer Farce: Vielfach sind die ersten Tage im Senioren-Dasein noch freudig mit vielfältigen Aufgaben ausgefüllt.

Entspannt gehen die Neu-Rentner ans Werk. Die vielfältigen Dinge, für die zuvor kaum Zeit verfügbar war, warten darauf, in Ruhe bearbeitet zu werden und gleichen einem Urlaub mit freier Zeiteinteilung. Überrascht stellen nun viele fest, dass die vielen Tätigkeiten auf der Warteliste für den Ruhestand zügiger erledigt sind, als gedacht und bald nicht ausreichend um den Tag auszufüllen. Mitunter folgt nach den ersten Wochen und der Umgewöhnung in den neuen Alltag ein Tiefpunkt, bei dem der Senior/die Senioren realisiert, dass nun der letzte Lebensabschnitt begonnen hat.

Wenn sich zudem die erwartete Zufriedenheit über die vollendeten Arbeitsjahre nicht einstellen will, neigen manche Menschen dazu, sich mit der neuen Langeweile zu überfordern. Besonders Menschen, die mit einem hohen Engagement in der Arbeitswelt punkteten, anspruchsvolle Tätigkeiten und Verantwortung übernahmen, sind gefährdet, sich mit der Umstellung der Situation nicht zurechtzufinden. Der Umschwung wird somit zu einer echten Herausforderung, der die Psyche unerwartet hoch belastet.

Das Risiko für eine mentale Überbelastung durch Selbstdruck und Fremdeinflüsse steigt. Der Wunsch, sich aktiv und produktiv zu betätigen, aber auch das Unverständnis des Umfeldes, das mit Bitten und der Aussage: „Du hast ja jetzt Zeit!“ an den Betreffenden herantreten sind nur einige Aspekte. Erwähnte Müdigkeit oder Energielosigkeit wird dabei gerne übersehen oder mit dem fortgeschrittenen Alter als Rentner in Verbindung gebracht. Umgekehrt kann auch zu viel Freizeit zu vielfältigen Symptomen führen, die einem Burnout ähneln: Der sogenannte „Boreout“ ist eine gegensätzliche Variante der Erkrankung, bei der umfassende Langeweile durch zu wenige oder zu anspruchslose Tätigkeiten in eine Depression führen können.

Burnout im Rentenalter
Die Symptome eines Burnouts beginnen meist schleichend. Der Körper und der Geist ermüden schneller als zuvor, die Stimmung ist immer häufiger gedrückt und die viele Zeit im Ruhestand lässt Raum für grüblerische Gedanken. Kopf- und Gliederschmerzen können ebenso auftreten wie Verdauungsprobleme, Übelkeit und allgemeines Unwohlsein. Die unbestimmten Symptome werden gerade von zuvor leistungsstarken Menschen als zu unwichtig für den Arztbesuch zu sein. So bleibt der Beginn des Burnouts oft unerkannt, bis sich die Symptome durch die fehlende Behandlung verstärken oder gar chronifizieren.

Zu den Symptomen des Burnouts zählen:
– unerklärliche Müdigkeit ohne vorherige Anstrengung
– Energielosigkeit, Antriebslosigkeit
– Schmerzen in Kopf, Rücken oder Extremitäten ohne körperliche Ursache
– Verlust der Freude an zuvor beliebten Tätigkeiten
– Traurigkeit, gedrückte Stimmung, grüblerische Gedanken (bis hin zu Lebensmüdigkeit, Suizidgedanken)
– Rückzug und Vermeidung von sozialen Kontakten

Kommt es dann doch zu einem Besuch beim Arzt, sind meist klassische Untersuchungen des Körpers einschließlich einem Blutbild der erste Schritt. Die Symptome lassen sich dabei zunächst nur eingeschränkt mit einer offensichtlichen Ursache in Verbindung bringen. Altersbedingte Hintergründe können eine Rolle spielen, müssen allerdings nicht die eigentliche Ursache darstellen. Organische Befunde sind meist rar und hängen gegebenenfalls mit hormonellen oder stoffwechselbedingten Aspekten zusammen, welche die Entstehung von Depressionen und vergleichbaren psychischen Erkrankungen fördern können. Sprechen Sie daher offen und zeitnah mit Ihrem Arzt, wenn Sie Symptome für einen Burnout bei sich erkennen – auch wenn Sie selbst glauben, es sei nicht „so schlimm“ oder dem normalen Alterungsprozess geschuldet.