Kleine Ziele statt großer Aufgabenlisten

Erschöpft ließ sich Britta in den Sessel fallen. Ein Blick auf die Uhr offenbarte die Zeit: Gerade einmal halb 10 – und sie war schon wieder müde und erschöpft. Der Frust stieg in ihr auf und sie sah den samstäglichen Hausputz niemals fertig werden. Sie fühlte sich faul und unfähig, wertete sich selbst ab: Nicht einmal den Haushalt in der kleinen Wohnung schaffte sie noch. Dabei wollte sie bald in das neue Haus umziehen und sie vermisste eine Arbeit, bei der sie die Ergebnisse ihrer Tätigkeit betrachten konnte. Vielleicht nicht mehr in der alten Firma, aber doch irgendwie produktiv sein. Sie wollte einfach wieder einen „normalen“ Alltag führen. Sie hatte den Eindruck, jegliche Kontrolle über ihre Kräfte verloren zu haben. „Ich kann das so nicht mehr.“ schoss es ihr durch den Kopf und sie ließ den Kopf nach hinten gegen die Lehne fallen.
Die Tür fiel ins Schloss und Torben erblickte im Wohnzimmer den Hinterkopf seiner Frau auf der Sessellehne, die mit frustrierter Mine an die Decke starrte. Er nahm die Situation schnell auf, kamen diese Frustphasen doch im Moment häufig vor. Sanft legte er ihr die Hände auf die Schultern, um sie liebevoll zu massieren. „Lass das!“ fuhr sie ihn an. „Ich krieg nichts mehr auf die Reihe!“ Sogleich ließ er Britta los und setzte sich nebenan auf das Sofa. „Was hältst Du von einem Kaffee und dann machen wir zusammen weiter!?“
„Wovon soll ich bitte eine Pause machen, wenn ich noch nichts geschafft habe?“ fragte sie traurig. Torben blickte sich um. „Der Tisch ist aufgeräumt.“ bemerkte er. „Ja, das war ja nicht viel.“ – „Ich hab im Flur die Waschmaschine brummen gehört.“ ergänzte Torben. „Das ist die Spülmaschine. Aber die Waschmaschine läuft auch. Die zählen aber nicht, weil die alleine waschen.“ antwortete Britta und blickte hoch, genau in das grinsende Gesicht ihres Mannes. „Naja, aber sie mussten eingeräumt werden. Das heißt doch, dass die Küche fast aufgeräumt sein dürfte und im Bad jetzt Platz ist, damit ich putzen kann.“
Britta verdrehte die Augen. „Der Samstagsputz ist mein Job. Du hast die ganze Woche gearbeitet und ich war zu Hause.“ Torben schüttelte den Kopf. „Das ist unser Job. Und Du bist derzeit krank. Wärst Du mit Fieber oder einem gebrochenen Bein krankgeschrieben, würdest Du Dir auch helfen lassen. Nur, weil man ein Burnout nicht äußerlich sieht, heißt es nicht, dass es nicht da ist!“
Traurig nickte Britta, wenngleich es ihr schwerfiel, sich selbst als Krank zu sehen. Vielleicht wurde es wirklich Zeit, etwas zu verändern: sich das „kürzer treten“ zu erlauben, um langsam, aber sicher, wieder zu Kräften zu kommen.

Kleine Ziele statt großer Aufgabenlisten 
Burnout ist eine tückische Erkrankung, die oft von einer negativen Gedankenspirale begleitet ist. Ein maßgeblicher Aspekt dabei ist die Selbstbetrachtung: Die herabgesetzte Leistungsfähigkeit, die mangelnde Motivation und der Eindruck, die Situation nicht akut ändern zu können, ziehen meist Hilflosigkeit, Traurigkeit und Selbstabwertung nach sich. Diese Gefühle entziehen den Betroffenen erneut die Kraft für weitere Tätigkeiten. Traurigkeit und Selbstabwertung könnenmitunter geradezu lähmend sein. So werden selbst einfache Alltagstätigkeiten zu einem scheinbar schier unüberwindlichen Hindernis. Die negative Gedankenspirale zu durchbrechen und Lichtblicke in dieser schweren Zeit zu finden, gehört daher zu den größten Herausforderungen bei einem Burnout.

Hilfreich ist entsprechend die Aufmerksamkeitslenkung auf  umgesetzte Tätigkeiten, auf das Erreichte: Machen Sie sich die kleinen Fortschritte bewusst und feiern Sie auch kleine Erfolge, als wären es große Siege. Wenn Ihnen gestern noch die Kraft fehlte, die Hausarbeit zu erledigen, kann heute schon der aufgeräumte Tisch und der hinaus gebrachte Müll zu einem kleinen Erfolgserlebnis werden, das Sie motivieren kann. Damit diese Erfolgserlebnisse nicht durch die negative Gedankenspirale in Vergessenheit geraten, ist das Anlegen eines sogenannten Positiv-Tagebuchs sehr zu empfehlen. Notieren Sie darin möglichst wertungsfrei Aspekte des Alltags und stellen Sie positive Erlebnisse und Punkte wie erledigte Aufgaben grafisch hervor. So können Sie an schlechten Tagen durch das Lesen positiver Notizen aus den vergangenen Tagen besser realisieren, dass sie bereits Fortschritte gemacht haben, welche Sie nur aufgrund der akuten Stimmungslage,denhohen Leistungsansprüchen, bzw. der negativen Denkspirale nicht als solche wahrnehmen. Vermeiden Sie, sich selbst als „faul“, „unzureichend“ oder „schwach“ abzuwerten, sondern sprechen Sie sich auch in ihren Gedanken eher positiv zu. Und bei all dem, was Sie selbst tun können, kann es das Schwierigste sein, sich auch Hilfestellungen von Außen zuzugestehen. Tun sie es trotzdem: Erlauben Sie sich auch, Unterstützungen und Hilfe anzunehmen.

Unterstützen Sie sich selbst, indem Sie sich wenige, kleine Ziele setzen, statt große Aufgaben zu bewältigen. Splitten Sie größere Aufgaben in kleine Teilstücke auf, die Sie nach und nach erledigen. Geben Sie sich ausreichend Genesungszeit und achten Sie auf Ihr Wohlbefinden. Blicken Sie nicht zurück, um die aktuelle Leistungsfähigkeit mit dem Pensum in der Vergangenheit zu vergleichen. Frühere Überbelastungen waren lange Zeit ein Teil Ihres Lebens, und trugen maßgeblich zur Entstehung des Burnouts bei. Entscheiden Sie sich für eine bessere Zukunft, in der Sie gut auf sich achten, und in der Sie neue Wege langsam, aber sicher und zielstrebig für Ihre Gesundheit verfolgen.