Persönliche Empfindungen sind in schwierigen Zeiten immer subjektiv. Die Corona-Pandemie weckt bei manchen Menschen Versagensgefühle, die bei sachlicher Betrachtung der Realität entbehren. Eine ungewisse Zukunft in der Zeit nach Corona und Existenzängste erhalten hingegen gepaart mit Hilflosigkeit gegenüber den beschlossenen Maßnahmen eine unangenehme Präsenz und können bei einigen Menschen auch zu einer Depression führen. Lesen Sie unsere Erklärungen zu diesen außergewöhnlichen Gefühlsaufwallungen und Tipps für den Umgang mit der aktuellen Situation, die Ihnen helfen können, mentale Stärke und Resilienz gegenüber äußeren Einflüssen zurückzugewinnen.

Zwischen Risikoeinschätzung und Ungewissheit

Der wohl gravierendste Einfluss auf die Psyche besteht bei der Betrachtung der individuellen Situation und der schwierigen Risikoeinschätzung in einem Umfeld, in der Ungewissheit über die Zukunft vorliegt. Wir alle leben in einer Welt, die im Alltag von gleichbleibenden, in der Regel zuverlässigen, Umständen geprägt werden. Nicht umsonst lieben wir wohltuende Routinen. Sie geben uns Sicherheit und Beständigkeit. Hilfreich ist es daher, auch im Corona-Alltag Routinen festzulegen und einzuhalten. Stehen Sie zu gleichbleibenden Zeiten auf, nutzen Sie Mahlzeiten für entspannte Pausen und gehen Sie abends zu gleichbleibenden Zeiten ins Bett. Nutzen Sie neue Freiräume im Tagesplan ganz bewusst für die Selbstfürsorge mit Tätigkeiten, die Ihnen Freude bereiten.

Die Coronasituation lässt sich jedoch nicht mit dem „normalen Alltag“ vergleichen. Die Ungewissheit über die Zukunft der Gesellschaft, die Länge der nötigen Corona-Maßnahmen und die mentale Belastung durch Einschränkungen und Extraarbeiten (z.B. Arbeiten im Homeoffice, Fernbeschulung der Kinder, u.a.) belasten die Psyche ebenso wie die ungewissen Möglichkeiten zur Risikoeinschätzung. Bin ich durch den Virus gesundheitlich gefährdet? Sind meine Angehörigen sicher? Wann wird es gute Medikamente und präventive Impfungen gegen diese unbekannte Erkrankung geben? All diese Fragen hinterlassen Unsicherheit, die es besten Falls in Zuversicht und neue Wege der Zukunftsplanung zu lenken gilt.

Versagensängste loslassen lernen

Versagensängste beruhen zumeist auf dem Gefühl von Kontrollverlust. Dies gilt besonders für Menschen, die es gewohnt sind, ihr Leben „fest im Griff“ zu haben und eigenständig Entscheidungen zu treffen. Machen Sie sich bewusst, dass niemand in unserer Zeit je mit einer solchen Herausforderung konfrontiert war und es den „einzig richtigen Weg“ daher nicht geben kann. Von einem „Versagen“ kann somit keinesfalls die Rede sein, wenn Sie nicht genau wissen, wie Sie mit der Situation umgehen sollen.

Gestehen Sie sich Fehler zu, gönnen Sie sich Auszeiten, um neue Energie zu sammeln, und sprechen Sie mit Menschen in Ihrem Umfeld oder anderen Betroffenen, beispielsweise in Selbsthilfegruppen und den Foren von Interessengemeinschaften. Gerade Künstler, Soloselbständige und Unternehmen tauschen sich in diesen schwierigen Zeiten gerne in sozialen Medien aus. So entstehen in der Gemeinschaft mitunter völlig neue Ideen und Perspektiven, mit denen Sie nicht nur Ihre mentale Stärke wieder finden, sondern auch ungeahnte Pläne für die Zeit mit und nach Corona schmieden können.

Echte Risiken und Gefährdungen einschätzen und sachlich betrachten

Nehmen Sie sich Zeit und betrachten Sie Ihre Situation nüchtern und sachlich. Sind Sie beruflich von den Corona-Maßnahmen betroffen und fürchten bzw. haben Sie finanzielle Einbußen, sprechen Sie mit einem Finanz- oder Steuerberater über mögliche Hilfen in Ihrer Situation. Nutzen Sie, soweit vorhanden, Ersparnisse und prüfen Sie Ihre Ausgaben auf mögliches Sparpotenzial. Allein die Auseinandersetzung mit der Problematik in sachlichen Zahlen und Fakten erlaubt oft eine empfundene Erleichterung durch das Gefühl der Handlungsfähigkeit.

Sorgen Sie sich um gesundheitliche Aspekte für Ihre Angehörigen oder sich selbst, informieren Sie sich bei zuverlässigen Quellen über die tatsächlichen Risiken durch den Virus. Ohne Kenntnisse wirkt die Bedrohung durch den Corona-Virus oft abstrakt, was schnell zu einer Fehleinschätzung und verstärkten Ängsten führen kann. Verzichten Sie auf übermäßige Informationsberieselung durch das Fernsehen oder die sozialen Medien, wo Ängste geschürt und Emotionen hochgekocht werden. Informieren Sie sich stattdessen konsequent nur einmal am Tag oder alle zwei bis drei Tage über offizielle Medien über veränderte Maßnahmen und die Corona-Situation in Ihrer Region.

Gegen negative Gedankenspiralen im Gespräch bleiben

Ängste sind äußerst starke Emotionen, die durch negative Gedanken angefeuert werden und bis in die Depression oder ein Burnout führen können. Schützen Sie sich frühzeitig durch Gespräche oder das Aufschreiben Ihrer Gefühle, um ein wenig Abstand zu den überwallenden Gefühlen zu bekommen. Nutzen Sie die Gesprächsangebote mit anderen Betroffenen, profitieren Sie von Hilfsangeboten wie der Telefonseelsorge (Tel. 0800 111 0 111) und Gesprächskreisen oder suchen Sie Kontakt zu Ihrem Arzt oder Therapeuten. Lassen Sie die negativen Gedanken nicht überhandnehmen und entscheiden Sie sich gerade in solch unsicheren Zeiten für Ihre Zukunft mit neuen Perspektiven.