Das richtige Verhalten gegenüber an Burnout oder Depressionen erkrankten Mitarbeitern im Job verunsichert viele Arbeitgeber, auch in Bezug auf ihre gesetzliche Fürsorgepflicht. Nicht selten sind sie hin- und hergerissen zwischen wirtschaftlichen Interessen und Zielerreichung einerseits und ihrer moralischen Verantwortung für psychisch erkrankte Angestellte. Wie kann eine gute Lösung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber aussehen?

Erst Überflieger im Job, dann Burnout: Was nun zu tun ist

Viele Arbeitgeber sind verunsichert, wenn Mitarbeiter durch psychische Erkrankungen wie Depression oder auch ein Burnout im Job ausfallen. In jedem Falle sollte der Umgang mit dem Erkrankten offen und vertrauensvoll gehandhabt werden. Da Arbeitnehmern von vielen Seiten oft noch immer empfohlen wird, beispielsweise eine depressive Erkrankung nicht zu kommunizieren, zeigt schon deren Mitteilung an den Vorgesetzten durch den Angestellten, dass ein tiefes Vertrauen besteht. Diese Ehrlichkeit sollten Führungspersonen honorieren und können darauf aufbauend nach individuellen Unterstützungsmöglichkeiten fragen und so einen rücksichtsvollen Umgang signalisieren. Nicht zuletzt können durch Depressionen & Co. betroffene Beschäftigte auch einen Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz geltend machen („Rücksichtnahmepflicht“). Dass ein solcher auf Verlangen geprüft wird, um eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen, ist unter anderem Voraussetzung für eine Kündigung durch den Arbeitgeber, die – auch im Falle von langfristigen psychischen Erkrankungen – sozial gerechtfertigt sein muss. Vor solch einer Überlegung sollten jedoch andere Punkte bedacht werden:

Zumeist trifft eine psychische Erkrankung oder ein Burnout-Syndrom Mitarbeiter, die zuvor durch hohe Leistungsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Perfektionsansprüche auffielen. Fällt ein solcher Kollege im Job aus, ist dieser Umstand auch für Arbeitgeber doppelt schwer. Rücksichtnahme umfasst daher nicht nur die Motivation und die Anerkennung der zuvor gebrachten Leistung, sondern auch Verständnis für die verringerte Belastbarkeit durch die Erkrankung. Aufforderungen zum Zusammenreißen, Unverständnis oder gar ein Herunterspielen der Erkrankung als Charakter- oder Leistungsschwäche sind hingegen wenig zielführend; auch sollte der Betroffene keinesfalls mit Sanktionen bedacht werden.

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gilt auch bei Depression & Burnout

Ein weiterer Teil der ersten Reaktion auf einen psychisch bedingten Krankheitsausfall sollte es, die Belastungen der Belegschaft am Arbeitsplatz ehrlich zu prüfen. Denn Arbeitgeber müssen die gesetzliche Fürsorgepflicht einhalten, also Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers schützen. Darunter fallen neben dem Schutz vor Unfällen und einem gut ausgestatteten Arbeitsplatz auch ein fairer Umgang miteinander, der sich unmittelbar auf das mentale Wohlbefinden auswirkt. Psychischen Belastungen durch Überbeanspruchung, ein dauerhaft hohes Stresslevel oder auch Mobbing im Job können zu Burnout und Erschöpfungsdepression führen, aber auch Angst- und Panikstörungen Vorschub leisten.

Analysieren Sie als Chef die aktuelle Situation in Ihrem Team zum Beispiel nach folgenden Fragen:

  • Auf wie viele Personen entfallen welche Aufgaben?
  • Welche Aufgabenbereiche sind besonders fordernd oder nötigen den Kollegen ein höheres Pensum ab?
  • Gibt es Mitarbeiter, die durch hohe Leistung und große Verantwortung auffallen, also eventuell Burnout-gefährdet sind?
  • Nutzen die Kollegen Angebote des betrieblichen Gesundheitsmanagements oder haben sie dazu gar keine Zeit?
  • Sind möglicherweise zusätzliche private Belastungen durch Pflege- oder Trauerfall bekannt, auf die Rücksicht genommen werden kann?
  • Braucht es Unterstützung durch eine weitere Stelle, etwa eine Teamassistenz?

Wie aufmerksames Beobachten ein Burnout im Job verhindert

Depression und Burnout im Job stellen Arbeitgeber wie Mitarbeiter vor eine große Herausforderung.

Vorgesetzte, aber auch Kollegen, sollten frühzeitig auf Auffälligkeiten achten und auftretende Veränderungen respektvoll und zugleich zurückhaltend ansprechen. Unauffällig kann dies im Rahmen von regelmäßigen Mitarbeitergesprächen stattfinden, in denen das Wohlbefinden und die Zufriedenheit des Arbeitnehmers mit der Tätigkeit, aber auch in Bezug auf das Unternehmen und das Kollegium hinterfragt wird. So kann Entlastungsbedarf erkannt, Unterstützung angeboten und notwendige Veränderungen zum Vorteil des Betriebsklimas vorgenommen werden. Sind dort keine Gründe für die beobachteten Veränderungen wie Leistungsabfall oder sozialen Rückzug zu finden, signalisiert dieses Vorgehen dennoch Offenheit und aufrichtiges Interesse an dem Wohlergehen der Mitarbeiter. Das öffnet wiederum oft die Türen für ein Gespräch über eventuelle private Belastungen.

Wird der Hilfebedarf deutlich, äußern Sie als Vorgesetzte Ihre Sorge und bieten Sie aktive Unterstützung, beispielsweise in Form von temporärer Entlastung, erhöhtem Freizeitausgleich oder anderweitig Angeboten an. Verständnis für die Situation und der Hinweis auf die gegebenenfalls sinnvolle Hilfestellung durch einen Arzt zur Vermeidung der Krankheitsmanifestation sollten dabei Hand in Hand gehen. Gleichzeitig macht es Sinn, zu verdeutlichen, dass die Privatsphäre des Mitarbeiters nicht verletzt werden soll und über die Annahme eines solchen Angebotes frei entschieden werden kann, deren Darlegung jedoch der Fürsorgepflicht als Arbeitgeber entspricht.

Psychische Erkrankungen und ihr Ruf im Arbeitsleben

Der Ruf von psychischen Erkrankungen in der Arbeitswelt steht weitestgehend mit negativen Aspekten in Verbindung. Bedenkt man jedoch, dass nahezu jeder vierte Mensch in seinem Leben einmal von einer Depression, einem Burnout oder einer Angsterkrankung betroffen ist, zeigt sich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, im eigenen Team Betroffenen zu begegnen. Wichtig ist es, sich klarzumachen, wie vielfältig die potenziellen Ursachen und Auslöser von Burnout & Co. sein können, und diese möglichst ergebnisoffen in die Prüfung der Arbeitsbedingungen einzubeziehen. Dabei ist es zuträglich, eigene eventuell vorhandene Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen abzulegen.

Erkrankten Mitarbeitern im Job den Rücken zu stärken, kann deren Genesung entscheidend voranbringen und ihnen viele Sorgen nehmen. Dies mündet nicht zuletzt oft auch in einer Steigerung der Loyalität und Leistungsbereitschaft des Betroffenen nach seiner Gesundung. Die Leistungsminderung bis hin zum Ausfall von Mitarbeitern durch eine psychische Erkrankung kann für ein Unternehmen zwar eine große Belastung sein, bietet jedoch zugleich Chancen zur Optimierung von Betriebsklima und Arbeitsabläufen, von denen schlussendlich alle Angestellten, ob gesund, erkrankt oder genesen, profitieren und diese dementsprechend honorieren. Entsprechend sollte die Antwort auf die Frage, ob Sie einen Mitarbeiter mit einer depressiven Erkrankung oder Erschöpfungssyndrom wieder einstellen würden nicht von der Erkrankung, sondern allein vom individuellen Menschen abhängen.