Themenzentrierte Kunsttherapie in der Schlossparkklinik Dirmstein: Gefühle gestalten und Empfindungen sichtbar machen

„Bei der themenzentrierten Kunsttherapie, wie wir sie unseren Patienten hier in der Schossparkklinik anbieten, steht der innere Prozess der künstlerischen Gestaltung als solcher im Fokus“, betont Evelyn Brinkmann, Kunsttherapeutin in der Schlossparkklinik Dirmstein. Das unterscheidet sie von der klassischen Ergotherapie, die stärker auf einzelne Fähigkeiten und das Tun an sich abzielt.“

Bereits seit über 3 Jahren zählt sie zum Fachtherapeuten-Team der privaten Akutklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin. Wir durften der ehemaligen Lehrerin einen Tag lang über die Schultern schauen und an einem ihrer Kunsttherapie-Kursen teilnehmen – selbstverständlich mit dem Einverständnis aller beteiligten Patienten.

Der Ton macht die Musik

Bereits nach kürzester Zeit wird klar: Evelyn Brinkmann fühlt ihren Beruf – sie hat ihre Berufung gefunden. Der sanfte Klang ihrer Stimme wirkt unglaublich beruhigend und hat für sich schon etwas sehr Entschleunigendes. Hinzu kommt, dass sie mit größter Empathie auf alle Kursteilnehmer eingeht. Die Gruppe ist bunt gemischt: Männer wie Frauen, von U20 bis Ü50, Verschlossene wie Offene, Erstteilnehmer und Patienten, die erneut teilnehmen – Mit ihrem angenehmen Wesen gelingt es der Kunsttherapeutin sie alle abzuholen. Auf Zweifel oder gar Ängste geht die 60-jährige gezielt und verständnisvoll ein und schafft so eine Wohlfühlatmosphäre, die es den Patienten ermöglicht im Hier und Jetzt anzukommen und loszulassen.

Kunsttherapie als Brücke zur Sprache

Für die Neuankömmlinge erläutert sie den Unterschied zwischen der themenzentrierten Kunsttherapie und einer offenen Arbeit mit den Mitteln der Kunst: 

„Bei der themenzentrierten Kunsttherapie, wie wir sie unseren Patienten hier in der Schossparkklinik anbieten, steht der innere Prozess der künstlerischen Gestaltung als solcher im Fokus. Das Medium Kunst bildet in der Kunsttherapie eine Brücke zur Sprache. Unbewusste Anteile fließen mit in die Materialauswahl und Gestaltung ein. Jeder kennt das, wenn in einem gefundenem Stück Holz oder Stein Figuren gesehen werden und Geschichten bzw. Erinnerungen geweckt werden. Diese Sichtweisen fließen in die Prozesse ein. Alles darf entstehen, ohne Anspruch auf ein künstlerisches Können. Durch diesen kreativ-therapeutischen Ansatz können wir Konflikte neu ‚durchdenken‘ und damit einen direkten Zugang zu inneren Prozessen finden. Verabschieden Sie sich daher von Ihrem Perfektionismus“, ergänzt sie schmunzelnd und der ein oder andere Anwesende scheint sich unmittelbar ertappt zu fühlen.

„Während die Patienten im offenen Atelier die Gelegenheit haben, sich zu jeder Zeit frei nach Herzenslust mit den unterschiedlichsten Materialien, wie Ton, Speckstein, Gips, Filz, Farben & Co. kreativ auszutoben und sich einfach am kreativen Tun zu erfreuen, wird in der themenspezifischen Kunsttherapie ein konkretes Thema vorgegeben.“

Zu diesem dürfen die Teilnehmer je nach Material eine Skulptur, ein Bild o.ä. fertigen – möglichst ohne zu viel zu denken.

„Im Mittelpunkt steht das Fühlen“

… betont Evelyn Brinkmann und lädt die Kursteilnehmer zu einer kleinen Achtsamkeitsreise zum heutigen Thema „Hände“ ein. 

„Schließen Sie die Augen, setzen Sie sich aufrecht hin und berühren Sie mit den Füßen den Boden. Atmen Sie langsam und ruhig. Konzentrieren Sie sich nur auf sich und auf Ihre Wahrnehmung. Nun nehmen Sie bewusst Ihre Hände wahr – heben Sie zuerst die Rechte, danach die linke Hand. Wechseln Sie die Fingerposition. Fühlen Sie Ihre Handinnenflächen. Wenn ich ‚Stopp‘ sage, verharren Sie kurz in der aktuellen Position und hören in Ihren Körper. Wie fühlt sich das an? Welche Handgeste fühlt sich für Sie besonders gut an?“, hakt sie nach.

Spielerisch das Tor zur Seele öffnen

Ebendiese ausgewählte Handgeste galt es im Anschluss an die etwa 15-minutige mentale Entspannungsreise in Zweiergrüppchen mit Gips nachzubilden. Schnell wird klar, so heterogen die Charaktere der Gruppe, so komplex und verschieden sind auch die wahrgenommen Hürden, die diese Aufgabe für jeden Einzelnen von uns mit sich bringt: Berührungen zulassen, dem Teampartner Vertrauen schenken, das eigene Schicksal in dessen Hände legen, den Erwartungen des anderen gerecht werden wollen, unter Beobachtung „funktionieren“ zu „müssen“, sich dabei zeitlich nicht verzetteln und im Perfektionismus verstricken, die eigene Skulptur und somit das eigene Ziel nicht aus den Augen verlieren…

Bestätigt wird dies nach etwa 1,5 Stunden durch die Vielfältigkeit der entstandenen Gips-Skulpturen und die abschließende Fragerunde. Im Gespräch wird herausgefiltert, was jede einzelne Hand „mitzuteilen“ hat. Die Ergebnisse könnten verschiedener nicht sein, auch die Assoziationen, die jeder Einzelne mit seiner Arbeit und ihrem Entstehungsprozess verbindet, bilden ein Abbild der Heterogenität unserer heutigen Gruppe – mit all ihren dahinter liegenden Einzelschicksalen.

„Nehmen Sie das, was Sie heute über sich erfahren durften, mit in Ihr nächstes Einzelgespräch“, ermutigt Evelyn Brinkmann die Patienten, bevor sie sich für heute von ihnen verabschiedet. Womit auch geklärt wäre, was sich hinter dem ganzheitlichen, integrativen Therapiekonzept der Schlossparkklinik Dirmstein verbirgt.