Depressionen betreffen immer mehr Menschen: Fast jeder von uns kennt jemanden aus der Familie oder dem Bekanntenkreis, der darunter leidet. Nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für Freunde und Verwandte ist die Situation äußerst belastend. Wir fragten einen Experten, worauf Angehörige beim gemeinsamen Weg aus der Hoffnungslosigkeit besonders achten sollten.

Depressionen sind nicht nur für Betroffene schwer zu ertragen. „Eventuell Tag und Nacht für einen schwermütigen Menschen da zu sein, erfordert viel psychische und physische Stärke“, weiß Dr. med. Volker Draschka, Chefarzt der Schlossparkklinik Dirmstein, aus jahrelanger Praxis. „Wird der früher vielleicht sehr lebenslustige Mensch, den man gut kennt oder sogar liebt, mit der Zeit immer niedergeschlagener und in sich gekehrter, so ist das nur äußerst schwer zu ertragen.“

Warum bei Depression auch Angehörige Hilfe brauchen

Vor allem nahe Angehörige von an Depression Erkrankten leiden nicht selten nach einiger Zeit unter Erschöpfungszuständen und dem zunehmenden Verlust der eigenen Lebensfreude. Damit es gar nicht erst so weit kommt, raten Experten wie Dr. Draschka möglichst früh zu professioneller Hilfe. Denn: Unbehandelt vergehen Depressionen oft nicht von alleine und können chronisch werden. Deshalb sollte bei depressiven Verstimmungen, die länger als zwei Wochen andauern, der Hausarzt aufgesucht werden. Dieser kann beurteilen, ob psychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe erforderlich ist. „Wichtig ist, dass Betroffene und Angehörigen erfahren, dass Depressionen heilbar sind.“

Fundierte Informationen über die Erkrankung und typische Symptome erleichtern es den Angehörigen, immer wieder Verständnis zu zeigen. Denn auch bei lang anhaltenden depressiven Phasen nicht die Geduld zu verlieren, lautet eine der wichtigsten Verhaltensregeln für Freunde und Familie. Dass dies nicht einfach ist – vor allem wenn sich Depressive abweisend oder teilnahmslos verhalten -, wissen viele Angehörige aus eigener Erfahrung. „Man sollte sich stets vor Augen führen, dass es depressiven Menschen schwer fällt, Gefühle zu zeigen und es deshalb nicht persönlich nehmen“, rät Dr. Draschka. Oft dominieren bei den Männern zudem Gereiztheit bis hin zu Wut und Aggressivität, was das Miteinander natürlich auch nicht vereinfacht.

Wenn der depressiv erkrankte Partner aggressiv wird, ist der richtige Umgang schwer

Um den psychischen und physischen Herausforderungen über Wochen und Monaten gewachsen zu sein, ist Achtsamkeit gefragt – nicht nur bei den Erkrankten, sondern ebenso bei den Angehörigen. Eine weitere „goldene Regel“ im Umgang mit depressiven Menschen lautet deshalb: Überfordern Sie sich nicht und sorgen Sie auch für sich selbst. „Durch ein funktionierendes soziales Netzwerk mit vielen guten Freunden sowie abwechslungsreichen Hobbys lässt sich das Risiko erheblich senken, selbst krank zu werden“, erläutert der Facharzt für Psychiatrie. „Sport und viel Bewegung an der frischen Luft können zudem regelrecht antidepressiv wirken. Und auch ausreichende Entspannung steuert einem Stimmungstief entgegen.“

Wie Sie mit depressiven Menschen nicht umgehen sollten

Reiß dich doch mal zusammen!“ – Tipps dieser Art sind bei Depressionen alles andere als förderlich. „Grundsätzlich sollte man auch gut gemeinte Ratschläge besser für sich behalten“, so Dr. Draschka. Tabu sind vor allem Anweisungen, die den Betroffenen noch mehr unter Druck setzen oder dessen Schuldgefühle verstärken könnten. Ersparen sollte man sich auch Kommentare, die dessen Leiden herunterspielen. Denn „Depressionen sind eine Volkskrankheit, deren Schwere sehr häufig unterschätzt wird“, stellt der Experte weiter klar. „Im Gegensatz zu Verstimmungen und gelegentlicher Traurigkeit, unter denen viele Menschen vor allem in der trüben Jahreszeit leiden, können Depressionen Monate und Jahre andauern. Typische Symptome sind tiefe Trauer, Antriebs- und Hoffnungslosigkeit sowie weitere belastende Beschwerden, u.a. oftmals auch unspezifische körperliche Beschwerden, wie Kopf- und Rückenschmerzen.

Bei Depression brauchen auch Angehörige Hilfe

Auch gut gemeinte Witze zur Aufmunterung sind keine gute Idee. Denn verständlicherweise fällt es dem Betroffenen in seiner Hoffnungslosigkeit und Trauer schwer, unbeschwert darüber zu lachen. Stattdessen reagiert er nicht selten mit einem gequälten Lächeln und zusätzlicher Frustration. In die Rubrik „Besser sein lassen“ gehört übrigens auch der gängige Vorschlag, doch einmal im Urlaub fernab der Heimat richtig auszuspannen. Dies kann sogar entgegengesetzt wirken: „Für viele Erkrankte ist eine andere, fremde Umgebung zusätzlich beängstigend und beunruhigend“, warnt Dr. Draschka.

Wie Angehörige depressiv Erkrankten und sich selbst helfen können

Ein geregelter Tagesablauf ist auch für depressive Menschen ganz wichtig. Angehörige sollten sie deshalb darin unterstützen, wichtigen Terminen oder Verpflichtungen – falls irgend möglich – nachzukommen, insbesondere natürlich Therapiesitzungen. „Dabei sollten auch kleine Schritte als Erfolg gewertet und gelobt werden“, so der Therapeut. Worauf man im Umgang mit depressiven Menschen noch achten sollte und wann sofortige ärztliche Hilfe notwendig ist, erfahren Angehörige bei Selbsthilfegruppen wie dem „Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker“ oder der „Deutschen Depressionshilfe“.

Dieser Artikel wurde überarbeitet und erschien erstmals am 4. Dezember 2017.